Di 01.03.2022 Hahnstätten – Puttgarden – – Rødbyhavn – Öresundbrücke – Malmö
„Alles bleibt anders“
Was habe ich mir heute auf der Fahrt alles für „Motten“ einfallen lassen, oder wie nennt sich der Plural von Motto? Bin ja kein „Lateiner“. [Einschub 02.12.2022: „Plural: die Mottos“] Da kam einiges zusammen, „verpeilt“, „vergurkt“, „von der Sonne ins Trübe“, „alles wie immer und doch anders“, „doch wieder was vergessen“, und was sonst noch alles. Vergessen habe ich z. B. meine kompletten Landkarten von Skandinavien, ich hatte sie auch bei meiner Planung nicht gebraucht. Und wenn man sich nicht alles aufschreibt.
Wie schon häufiger hatte ich wieder eine Fähre früher geschafft und das ganz ohne Hetzerei, Tempomat auf 111 km/h und einfach laufen lassen. Einen ernsthaften Stau hatte ich nicht, auf der Gegenseite hatte es einige ausgewachsene Exemplare davon, also noch mal Glück gehabt.
Das Piccolo Mondo in Malmö hatte geöffnet, es ist einfach eine sehr schöne Location. Und das Risotto mit Pilzen hatte ich glaube ich auch schon mal. Sehr lecker. Der Platz auf dem Lilla Torget wird quasi immer kleiner, jede Menge Kneipen und Restaurants haben sich auf dem Platz ausgebreitet, man kann quasi draußen sitzen, natürlich Heizpilz-gewärmt, irre was da an Energie verfeuert wird.
Temperaturmäßig ist es doch besser als vorhergesagt, es hat +2 °C.
Morgen die Strecke wird deutlich kürzer und dafür endlich entspannter, nicht mehr hunderte Kilometer nervtötende (deutsche) Autobahn. Nur von Malmö bis Halmstad und dann geht es rein ins Vergnügen, auf den Inlandsvägen.
Mi 02.03.2022 Malmö – Sunne
„Sonne pur, Schnee noch ausbaufähig“
Das ich gestern nichts zu den beiden Grenzübertritten schrieb hatte einen guten Grund, es gab keine inquisitorische Befragungen. Sehr angenehm das.
Beim Start heute in Malmö war blauer Himmel, wenn auch die Sonne nicht zu sehen war, in Richtung Osten war es doch noch etwas diesig, Temperatur immerhin doch bei +2 °C, nicht wärmer wie befürchtet. Aber nicht weit nach Malmö war schon wieder Essig mit blauem Himmel, alles nur noch grau. Die Landschaft ebenfalls trostlos, nix Schnee. Der Verkehr war in Ordnung, lief alles ziemlich flüssig. In Halmstad dann runter von der Autobahn und Start des entspannenden Teils der heutige Reise. Je nach Höhenlage und Himmelsausrichtung gab es sogar noch schöne Schneereste zu sehen. Und urplötzlich war der Himmel blitzeblau, ohne nur den Schimmer eines Wölckchens.
An einem Wegpunkt habe ich getankt und irgendwie kam mir der Ort bekannt vor. Die Zeit stimmte, der Magen meldete auch er könnte etwas vertragen, also Mittagessen. Rekebrot, ziemlich lecker.
In Mariestad hatte ich keine Pause mehr gemacht, aber am Göta Kanal hielt ich noch mal an. Die kleine Straßen- und Fußgängerbrücke wurde gerade repariert, über eine kleine Behelfsbrücke konnte man aber noch laufen. Bei dem traumhaften Wetter bin ich dieses Mal auch noch bis zu der Stelle gelaufen, wo die letzte (oder erste) Schleuse steht. In den Schleusen war das Wasser gefroren, sah aber nicht sehr dick aus.
Kurz vor Karlstad habe ich dann dem Navi noch mal eine neue Aufgabe geben, neue Route, kürzeste Strecke. Das ist meistens der Garant dafür, dass es nicht schneller ans Ziel geht, weil kleine und kleinste Straßen genommen werden und man manchmal im Minutentakt irgendwo abbiegen muss und durch kleine Dörfchen kurvt. Dort hat es an Fußgängerüberwegen oft ziemlich tückische „Huppel“, wenn man da nicht aufpasst, da hat man sich ruck-zuck die Karre vermurkst.
Nach einigen Abzweigungen ging es dann auf eine wirklich schmale Straße, eher Weg muss man sagen. Zwei Fahrzeuge kamen nur bei langsamer Fahrt aneinander vorbei. So richtig hatte ich es gar nicht bemerkt, aber plötzlich war da kein Asphalt mehr sondern nur noch ein (gut) befestigter Weg. Zum Glück war das noch mehr oder weniger gefroren, sonst hätte ich da wieder umdrehen müssen. An Stellen die nicht im Wald lagen und dem Sonnenlicht ausgesetzt waren, war der Boden schon etwas aufgetaut und fast schon schmierig. Keine Ahnung wie lange der Abschnitt dauerte, 5-6 Kilometer zog sich der Höllenritt aber wohl hin. Eins war klar, eine nahezu unverdreckte Karre hatte ich jetzt gehabt, das dürfte sich geändert haben.
Als ich am Hotel ankam, die Sonne war noch nicht untergegangen, der See war wie vermutet komplett eisfrei und Schnee lag prinzipiell auch keiner mehr, außer wie schon erwähnt an schattigen Stellen. Nach dem Einchecken hatte ich die Rezeptionistin gefragt, ob man sich am Hotel irgendwie etwas die Beine vertreten kann und gucke da, ja, sie haben einen kleinen Plan mit zwei möglichen Routen am Hügel der auf der anderen Straßenseite liegt. Dem Waldweg folgte ich bevor sich ein sehr schmales, steiles und vor allen Dingen total vereistes Stück zeigte, da drehte ich lieber um. Sich auf die Waffel legen muss ja nicht sein.
Do 03.03.2023 Sunne – Östersund
„Der, der über das Wasser geht“
Das Auto war heute früh leicht eingefrostet, also die Scheiben waren mit Reif überzogen. Aber bis ich mit dem Frühstück fertig war hatte die Sonne schon etwas gearbeitet und mit ein paar Minuten Gebläse war die Sicht mit einem Wusch frei. Wo zum Henker ist nur mein schöner Schneebesen abgeblieben?
Schneemäßig war heute auf jeden Fall deutlich mehr geboten, wenn auch die Straße komplett schneefrei war, leider. Denn auf einer geschlossenen Schneedecke zu fahren ist einfach super angenehm. War es in Sunne noch wolkenlos, zog es sich schnell zu.
In Mora hatte ich angehalten und mich auf dem Gelände des Vasaloppet umgesehen. Auf den See bin ich nicht mehr drauf, auch wenn das wieder möglich gewesen wäre. Unbewusst war das eine gute Entscheidung, denn es gab heute noch andere interessante Gewässer zu begutachten.
Die restliche Fahrt war jetzt nicht mehr so berauschend, was jetzt fast schon undankbar klingt, was nicht korrekt wäre.
Die Tankepisode vor Auge habend, bei der ich mit den letzten Tropfen zur Zapfsäule kam, hatte ich heute eine Möglichkeit früher zugeschlagen, was insofern ungünstig war, weil die nächste Tankstelle endlich mal wieder 98er Saft gehabt hätte. Naja, kann man nix machen.
Die Anfahrt der Unterkunft in Östersund war etwas abenteuerlich, weil das Navi mich nicht so wirklich präzise gelotst hatte. Also erst mal die Karre abstellen, ohne Parkticket. Unterwegs war mir eingefallen, dass ich hätte meine Mails checken müssen, wegen des Zugangscodes zum Hotel. Nun, dann rufe ich halt an. Den Code erhielt ich dann am Telefon, sehr freundlich übrigens. 😀
In den zweiten Stock, auf einer ausladenden Treppe, dann öffnete sich die Tür zum B&B. Das sah ja schon mal grandios aus, kein Vergleich zum Hotell Linden. Mit dem Rezeptionisten hatte ich etwas geplaudert, eher nebenbei zeigte er mir das Zimmer, der Hammer, wie wunderschön eingerichtet.
Erst mal wieder zurück zum Auto und Parkplatz suchen, parken, Ticket ziehen, nur noch bis 18 Uhr zahlen. Dann wie ferngesteuert runter zum Frösjön. Noch die Straße überqueren und erst hier blicke ich auf den See. Ja, was ist das denn, da sind ja Leute auf dem See. Ein Weg, nein mehrere, sind gespurt. Einer für Schlittschuhfahrer und noch zwei weitere für Fußgänger.
Die Sonne stand noch deutlich über dem Horizont, blauer Himmel, einfach f-a-n-t-a-s-t-i-s-c-h.
Auf Empfehlung des Rezeptionisten war ich im „Republiken“. Sehr nettes Lokal, gutes Essen, absolute Empfehlung.
Noch ein Wort zur Unterkunft. Die Einrichtung ist Antik, so würde ich es laienhaft umschreiben. Das Zimmer ist sehr geräumig, die Heizung kann man abdrehen und sie wird dann auch kalt. Die Betten sind skandinavisch „weich“, das ist nun mal so, dauerhaft wäre das nicht mein Ding. Der Frühstücksraum ist im gleichen Stil, die 4-5 kleinen Tische sind alle unterschiedlich, die Stühle dazu auch. Das ganze Mobiliar stimmig, nichts ist kitschig. Es stehen echte Blumen in den kleinen Vasen, alleine das gibt schon mal 10 Pluspunkte. Das es hier keinen kostenlosen Parkplatz gibt, geschenkt. Für heute habe ich 33 SEK gezahlt, ca. 3 €, das ist fair. Das Fenster liegt zur Fußgängerzone. Die Geschäfte schließen wohl gegen 18 Uhr, dann beruhigt es sich schon merklich. Die Fenster sind allerdings auch skandinavisch, also isolierungstechnisch eine Katastrophe, nicht nur in Hinblick auf Wärme sondern auch auf Geräusche. Wenn dann doch mal ein paar Leute die Straße passieren kann es schon mal laut werden. Mal sehen wie die Nacht so wird. Wenn jetzt das Frühstück morgen nicht völlig versagt, wäre das hier definitiv die Unterkunft meiner Wahl für die Zukunft.
Fr 04.03.2022 Östersund – Vuollerim
„Himmlisches Schauspiel und irdische Vergnügen“
Die städtische Müllabfuhr ist sehr zeitig unterwegs, also sehr zeitig, um genau zu sein, um kurz vor 6 Uhr brummte der erste Laster in der Fußgängerzone rum. Man bekam das so genau mit, weil die Fenster dämmungstechnisch absolut nix taugen. Um 06:30 Uhr kam dann der Laster der das Altglas abholte, was erfahrungsgemäß nicht gerade leise abläuft. Also dann mehr oder wenig um 06:45 Uhr „freiwillig“ aus den Federn.
Beim Frühstück war ich erst mal alleine. Die Auswahl schien zunächst bescheiden, aber der Eindruck täuschte. In einem alten recht großen Sideboard war nicht nur das ganze Geschirr untergebracht, sondern auch alles was es zu einem Frühstück so braucht, natürlich alles in eher kleinen Mengen. Also ich habe nichts vermisst.
Zuerst wollte ich nur mal das Auto holen und dann das Gepäck einladen, aber die paar Meter bin ich dann doch mit Gepäck gelaufen. Ja, irgendwie war es schon frisch, das Auto war wieder mit Reif überzogen, da der Kratzer noch nicht wieder aufgetaucht ist, habe ich das Gebläse eben wieder ein paar Minuten pusten lassen. Und potzblitz, das Thermometer zeigte -11 °C. Da habe ich es mir nicht nehmen lassen bei Fahrtantritt den Pöter wärmen zu lassen, der Luxus muss sein.
Kaum hatte ich Östersund hinter mir gelassen, Sonne war schon recht hoch, sah ich zwei fette Nebensonnen, genial.
Das Wetter war heute mehrheitlich genial, blauer Himmel und fast immer war die Nebensonnenkonstellation zu sehen, meistens nur im Rückspiegel.
Zum „Mittagessen“ habe ich eine super leckere, aber leider völlig ungesunde, Pølser verzehrt, als Snack war das gerade ok.
Das Navi hatte mir ja von Anfang an eine Route vorgeschlagen die ca. 80 km länger führen sollte als ich ausgerechnet hatte. Lange vor Jokkmokk hatte ich dann in meine Unterlagen geschaut, welchen Abzweig ich nehmen müsste. Dort angekommen konsultiere ich noch mal das Navi, aber es wollte von dieser Abkürzung nichts wissen. Also bin ich es per Hand abgefahren und ja, doch, da gibt es eine Straße. Also, da fahre ich lang, zumal an der Abfahrt vom Inlandsvägen schon zu sehen war, es handelt sich um eine kleine Nebenstraße, die schön verschneit war. Das darf man sich doch nicht entgehen lassen, das wäre ja ein Frevel.
Ja, doch, das war wo ich schon seit zwei Tagen drauf gewartet habe, eine schöne geschlossene Schneedecke und eine Kurve jagt die andere. Gegenverkehr? Fast null. Naja, das war ja klar, da kommt eine bayrische Abordnung, also lauter BMW, mit deutschem Kennzeichen, alles Testfahrer. Danach ist mir auf der restlichen Strecke von ca. 45 km noch genau ein Auto begegnet. Die Streckenführung verdient das Prädikat 1+. Kurven ohne Ende, schöne Steigungen, herrliche Landschaft, ein Traum.
Aber alles hat mal ein Ende, und das bedeutete, Ankunft in Vuollerim. Einchecken im Hotel, kleiner Plausch, ja, Abendessen kann ich haben, Rentier mit KaPü. Zeugs aufs Zimmer bringen, warm einpacken, es waren nur -7 °C, raus, Füße vertreten. Rückkehr, Abendessen, sehr lecker. Entspannung, nun. Bericht schreiben, und noch mal die Videos von der Fahrt am Schluss anschauen. Für so was lohnen sich die langen Anfahrtszeiten.
Sa 05.03.2022 Vuollerim – Tromsø
„Vom Schnee in die Wärme“
„Die“ Nordleute, die sparen sich bei der Beleuchtung noch zu Tode. Sitze nun im „Walter & Leonard“. Von außen dachte ich, das hat ja geschlossen, nur ganz funzelig war bei genauerem Hinsehen schummriges Licht zu sehen. Es ist fast ganz leer, aber wohl schon gut gebucht, denn ich wurde nach einer Reservation gefragt. Es ist ja noch ziemlich früh, gerade 18 Uhr. Bestellt habe ich Tørrfisk, dazu ein Gläschen Chardonnay, den kann man wohl trinken. Es läuft coole (jazzige) Musik, auf Sonos Lautsprechern.
Aber fangen wir mal am Anfang an. Gemütliches Frühstück kurz vor 8 Uhr, es mangelte an nichts. Abfahrt wohl gegen halb neun, Temperatur lediglich bei -7 °C. Trotzdem waren Kupplung und Schaltung schon leicht schwergängig. Aber natürlich kein Vergleich zu 2020, da ging es bei glaube ich -24 °C doch deutlich zäher zu Gange.
Um die Chance zu erhöhen mal wieder 98er Sprit zu tanken, bin ich doch über Jokkmokk gefahren, dort gab es den Edelsaft auch. Das Navi wollte mich über das Bjørnfjell schicken, eine Alternative bot es auf explizite Nachfrage nicht an, was für ein störrisches dusseliges Ding. Aber noch bin ich hier der Fahrer und bestimme wo es lang geht. Was impliziert, dass mir ein selbst fahrendes Auto nicht - nie, never ever - unter den Hintern kommt. Lasse mir doch nicht von einer struntzdummen „KI“ vorschreiben wo es lang geht.
Nun steht noch das Umpacken an, also direkt vom Walter & Leonard ins „Fjellet p-hus“ und das Material holen. Das Hotel ist zum Glück nur ein paar Meter weit entfernt. Ja, nun, was mitnehmen, was nicht? Die Temperaturen in Longyearbyen sollen bis Mittwoch *einstellig* im Minusbereich liegen, also wirklich super kalt ist das nicht. Auf der anderen Seite der Ausflug mit dem Schiff dauert 10 Stunden und man wird wohl viel draußen sein. Also mal lieber doch das flauschige und warme Zeugs einpacken. (Außer auf dem Saltfjellet sind die Prognosen bei meiner Rückkehr überall bescheiden, sprich Plusgrade.)
Aufbruch. Die „Ølhallen“ habe ich gar nicht auf dem Programm, zwar hat sie heute geöffnet, sogar bis 01:30 Uhr, aber das „Solid“ ist einfach cooler. Vor dem großen Ansturm am Samstagabend habe ich noch ein schönes Plätzchen ergattert und oh Wunder, es gibt noch Weihnachtsbier. Ist das köstlich. Ab 21 Uhr ist es voll. Auch hier wieder Beleuchtung auf sprichwörtlicher Sparflamme. Coole Mucke läuft im Hintergrund (sehr coole Mucke), ein vielstimmiger Gesprächsteppich erfüllt den Raum. Ähh, war da was? Anscheinend nicht.
Der Flieger morgen geht schon um 10:30 Uhr, ca. 2 Stunden früher als zu PolarJazz-Zeiten, da muss ich ja mal richtig nach Wecker aus den Federn.
Zwei Weihnachtsbiere sind ihrer Bestimmung zugeführt worden. Hier steppt der Bär. Gefühlt ist es 30 °C warm. Es ist 21:40 Uhr, keine Zeit den Rückzug anzutreten. En øl til, noch ein Bier bitte.
Ist es denn zu glauben, jetzt wird hier auch noch die Discokugel angeworfen.
So 06.03.2022 Tromsø – – – Longyearbyen
„Alpenglühen“
Als ich aus dem Solid in die Fußgängerzone schritt traute ich meinen Augen nicht. Da stand eine ewig lange Schlange mit jungen Leuten. Ein Meter Abstand, nicht die Spur.
Das Zimmer im „Smarthotel“ ist nicht wirklich geräumig, es wird die These aufgestellt, dass man ja fürs Übernachten keine 40qm braucht, da ist sicherlich was dran. Viel wichtiger ist aber, dass man das Fenster öffnen kann und das es wirklich sehr ruhig ist, auch aus dem Flur.
Das Umpacken wird irgendwie immer kniffliger, dieses Mal habe ich gar keine „zivileren“ Straßenschuhe mitgenommen und einfach die dicken warmen Schuhe angezogen.
Frühstück gibt es zum Glück auch sonntags schon ab 7 Uhr.
Dann mit Sack und Pack wieder in das Felsenparkhaus und alles verstaut. Das Parken hat knapp 300 NOK gekostet. Aus Interesse bin ich mal zum Sydspissen Hotel gefahren. An der Abfahrt stand es immer noch ausgeschildert, komisch. So wie es aussieht diente es als Covid-Testzentrum. Ein Blick in ein Zimmer von außen zeigte es allerdings leer.
Ich lag gut in der Zeit und parkte noch mal am roundabout an der Einfahrt zum Flughafen. Es boten sich schöne Aussichten auf die umliegenden Berge. Parken auf dem P4, es gibt bei der Ein- und Ausfahrt keine Schranken, nur Kameras die auf das Nummernschild gerichtet sind.
Im Terminal war noch wenig los, ich wollte am Self-Checkin einchecken, Bildschirm berühren und Fluggesellschaft auswählen, aber „Norwegian“ war ausgegraut, was hab ich Landei nun schon wieder falsch gemacht <hmpf>. Also gut, dann reihe ich mich eben am einzigen offenen Schalter ein, die Schlange ist kurz. Eine Flughafenmitarbeiterin geht die Schlange ab und bittet die Leute doch am Self-Checkin einzuchecken, einige gehen. Als ich an der Reihe bin, sage ich was war, sie sagt ich solle einen anderen Schalter nehmen. Gut, wird gemacht und siehe da, an der Maschine sind alle Airlines auswählbar, Technik "augenroll".
Kurzer Check zu welchem Gate ich muss, Hinweisschild lesen und mehr oder weniger automatisch die Rolltreppe hoch, zum Sicherheitscheck. Der war noch geschlossen. Das Terminal füllte sich, die Schlangen unten in der Checkin-Halle wurden deutlich länger. Die Tore zum Sicherheitscheck öffneten, einreihen, das ganze Gelump aufs Band legen und ich weiß nicht an was mir der Sicherheitsmensch es ansah, aber er fragte mich "Longyearbyen"? Ich, ja. Das ist das falsche Terminal. Das Landei, boh boh boh. Also alles wieder einpacken, Treppe runter und in den Shuttlebus der die paar Meter zum C-Terminal fährt. Man hätte es auch laufen können, aber da ist gerade große Baustelle.
Dann also hier die Sicherheitskontrolle. Alles ok. Etwas warten. Die Passkontrolle öffnet, penible Gesichtskontrolle. Die Tür ins Gate öffnet sich. Warten. … Das Boarding beginnt, mit dem etwas teureren Ticket darf man "prioritär" ins Flugzeug.
Irgendwann starten die Triebwerke, Pushback, Fahrt zur Startbahn, hmm, wir starten heute von Süden nach Norden, drehen also keine Runde über Tromsø, trotzdem war der Fenstersitzplatz auf der rechten Flugzeugseite nicht umsonst. Die Maschine rollt an und hoch geht es. Es sind keine Wolken zu sehen, großartige Sicht. Das Festland verschwindet schnell, die Bewölkung nimmt zu, aber wir sind ja oberhalb.
Bjørnøya konnte man deshalb auch leider nicht sehen. Nun sind die südlichen Ausläufer von Svalbard in Sicht.
Die Landung war kurz etwas unsanft. Aussteigen, in die Ankunftshalle, aufs Gepäck warten, in den passenden Bus einsteigen, feststellen, dass ich noch keine einzige norwegische Krone vom Bankautomaten geholt hatte. Aber damit macht man sich eher Freunde statt Feinde. Das Returnticket hat 170 NOK gekostet, keine Ahnung was es früher mal gekostet hatte.
Es hat sich viel getan in Longyearbyen, es ist massiv gebaut worden. Das Hotel in dem ich untergebracht bin gab es meines Wissens in 2020 noch gar nicht, oder war noch im Bau. Das Zimmer ist sehr nett eingerichtet, das Badezimmer hat eine Dusche die am Boden, ganz unskandinavisch, komplett abschließt und es so nicht unfreiwillig zu einer mittleren Überschwemmung kommt. Der Fortschritt lässt sich nicht bremsen. 😀
Irgendwie könnte der Magen eine Zufuhr vertragen, 13 Uhr, da bin ich ja schon weit über der Zeit. Das Hotel liegt in Sichtweite der Svalbardbutiken, also unweit der "Svalbar". Aber Schreck lass nach, sie ist geschlossen, Heiland, das darf doch nicht sein, 4.000 km Anfahrt und dann ist die wichtigste Institution geschlossen, <schnief>. Aber das Kroa liegt direkt neben dran, gemütlich, es gibt leckere Gerstensaftkaltschale, wenn hier auch aus der Dose und vor allem auch lecker Essen.
Es ist so hell draußen, völlig ungewohnt, Zeit mal die Hufe zu schwingen, hier auf Svalbard eigentlich die Gelegenheit schlechthin. Wenn man so marschiert dann ist es doch recht frisch, bei gerade mal -4 °C, gefühlt glaube ich -7 °C. Klamottentechnisch bin ich ja jetzt nicht gut ausgerüstet, <gnarf>. Also wieder zurück in die Unterkunft und vernünftige Klamotten anziehen. Abmarsch.
Das war genau der richtige Zeitpunkt, am gegenüber liegenden Ufer des Adventfjorden, der übrigens wieder nicht zugefroren ist, findet gerade eine Art "Alpenglühen" statt, grandios. So weit unten im Dorf stehen natürlich noch zu viele Hindernisse im Weg. Also muss man ja quasi bis nach Nybyen aufsteigen. Was schon mal schön zu bemerken ist, es liegt doch relativ viel Schnee, nicht so wie 2020 im Februar. Durch die ganz andere Tageslichtsituation erkennt man plötzlich Dinge die vorher komplett im Dunkeln lagen.
Das Alpenglühen geht seinem Höhepunkt entgegen, auch wenn die Sonne sinkt und es logischerweise immer weniger Berg ist, der beschienen ist, die Intensität legt noch mal eine Schippe drauf, herrlich. Kann man jetzt sagen "Corona sei Dank", bin ich nun "notgedrungen" zur Solfestuka gefahren und sehe Svalbard in einem sprichwörtlich anderen Licht? Gehe ich über diese Brücke? Ich hadere noch mit mir. PolarJazz ist einfach eine einmalige Sache, da beißt die Maus keinen Faden ab. Wer daraus jetzt eine Antwort auf die Frage liest, bitte schön. 😀
Zurück in der Unterkunft erst mal die bange Frage, ob die Svalbar wirklich geschlossen ist. Nein ist sie nicht, sie öffnet erst am späten Nachmittag, sagt die Rezeptionistin. Das ganze Unterfangen steht also ab jetzt unter einem guten Stern. 🤣
Bilder runter laden, Mails lesen, übliche Beschäftigungen. Kurzes Gespräch mit einem üblichen Gesprächspartner an Svalbardtagen. In der Heimat wird schon draußen gegrillt. 😃
Abendessenszeit, Aufbruch in die Svalbar. Leute sitzen drin, aber es ist noch Platz. Ein „Svalbard Bryggeri“ Pale Ale bitte und das Tagesgericht, eine absolute Spezialität auf Svalbard, eine Calzone Spezial, hab ich mein Lebtag noch nicht gegessen, eine Calzone, also warum nicht hier und jetzt. Es gibt nur eine Bedienung, der den ganzen Laden schmeißt, schwer auf Zack, netter Kerl, man muss nicht alles gleich zahlen und legt einen Deckel an, auch nicht sehr skandinavisch.
Das Pale Ale zischt, die Calzone ist lecker und wie angepriesen spicy. Das verlangt nach einem weiteren Öl, der Abend ist noch lange.
Mo 07.03.2022 Longyearbyen
„Zeitreise(n)“
Was zur Hölle ist das, um 6 Uhr ist es draußen schon hell, das braucht doch kein Mensch. Frühstück. Plan entwerfen wann man welche Kleidungsstücke wo anzieht. Im Zimmer hatte ich die Heizung schon gestern Abend ausgeschaltet, es war also relativ kühl, die Betonung liegt auf relativ. Denn sobald man ein Teil der Spezialkleidung anzieht, die man in unseren Breitengraden in 100 Jahren nicht mehr braucht, wird es urplötzlich sehr warm.
Aber das Hotel hat vorgesorgt. Genauso wie ich es in der Coal Miners’ Cabins 2015 kennen gelernt hatte, nur noch konsequenter verfeinert. Es gibt eine Art „Kälteschleuse“, einfach ein kleiner Flurbereich komplett abgetrennt zwischen Hotelbereich, der mollig warm ist, und dem Außenbereich. Mit dem entscheidenden Detail, dass dieser Schleusenbereich absolut ungeheizt ist, also dort quasi schon Außentemperaturen herrschen.
Auf bereit stehenden Bänken - mit Rentierfell authentisch ausgestattet - kann man also in Ruhe die Schuhe anziehen, welche man sich vorher im Innenbereich geschnappt hat, denn, auch ganz traditionsgerecht, zieht man hier die Schuhe aus, bevor man ein Gebäude betritt. Sinnigerweise zieht man hier natürlich auch erst die letzten sonstigen Zwiebelschalenelemente der Kleidung an, also Schal, Mütze, Innenjacke, Außenjacke, Handschuhe. So beugt man einer unangenehmen Überhitzung entgegen.
Und schon taucht auch der Guide der heutigen Tour auf. Noch zwei weitere Hotelgäste steigen in den bereit stehenden Bus ein. Der klappert noch ein paar weitere Hotels ab und es geht zum Hafen. Dort steht das Schiff bereit, die „Billefjord“.
Wie sich später herausstellte war eine Fotogruppe aus Deutschland dabei, damit dürfte Tyskland die stärkste Gruppe gestellt haben. Noch ein Pärchen die wohl italienisch sprachen, 3 Schweden, die beiden jungen Leute aus meinem Hotel waren offensichtlich die einzigen Norweger, und ein Brite, aus London. Ah und noch ein Paar die ich sprachlich nicht identifizieren konnte.
Die Reisegeschwindigkeit war sehr gemütlich, also wirklich sehr gemütlich.
Das Schiff hatte noch nicht richtig abgelegt, gab es auch schon eine erste Einführung des Guides was es so zu sehen gab, wenn man aus den Fenstern guckte. Da gibt es ja einiges, die Kohleminen, der Saatguttresor, der Flughafen, der der jüngste auf der Welt ist, zumindest der kommerziellen Luftfahrt. Und in den 90ern des letzten Jahrhunderts gab es einen folgenschweren Flugzeugabsturz, die Anzahl der Toten muss ich noch mal nachschlagen, aber was mich irritiert, dass das noch nicht wirklich so lange her ist. Ich war der Meinung, dass das deutlich länger zurück liegt, muss ich wohl falsch verstanden haben.
Das Wetter war ziemlich gut, die Berge gegenüber von Longyearbyen wurden schön von der Sonne beschienen und sobald wir den Adventfjorden hinter uns gelassen hatten, sah man auch andere Berge die im Sonnenlicht erschienen, absolut großartig. Ich meinte zum Guide, dass wir wohl „lucky“ seien, dass wir so schönes Wetter erwischt haben. Da meinte er, jein, für den späteren Tag seien noch rauere Konditionen angesagt, deutlich rauere, betonte er. Uiuiuiuiui, dachte ich da so bei mir, also Fische füttern wollte ich keine heute.
Also heißt es das hier und jetzt zu genießen. Ab und zu fahren wir durch ein Feld mit Eisschollen, aber das Schiff gleitet da durch ohne das man etwas merkt. Es sei sogar in der Lage Eis zu brechen, aber das sei aus Umweltschutzgründen eh verboten. Als das Schiff den ersten Eisschollenbereich durchfuhr stürmten natürlich alle gleich nach draußen, um sich das anzuschauen und vielfach abzulichten, ich natürlich auch. Wieder zurück im Schiff sagte der Guide, etwas verschmitzt, es war nur ein Feld mit Eisschollen, wohl wissend, dass das für die Gäste logischerweise etwas besonderes ist. Also ich bin in meinem Leben noch nicht durch ein Eisschollenfeld gefahren. Und es ist gut möglich, dass es auch nicht wieder vorkommen wird.
Heute gab es ja zwei Programmhöhepunkte die mit 99prozentiger Sicherheit eintreten würden. Der erste Punkt war der Esmark Glacier.
Bis wir dort waren, war allerdings von dem tollen Wetter nichts mehr geblieben, also zumindest war die Sonne weg, ansonsten war alles im grünen Bereich, also keine Monsterwellen, keine „dichte Suppe“ oder sonst was Unangenehmes. Womit ich nicht gerechnet hatte, dass wir gar nicht an die Abbruchkante des Gletschers heran fahren konnten, denn vor dem Gletscher war ein ziemlich breiter Bereich der von einer Eisschicht bedeckt war und, siehe oben, die ja nicht durchbrochen werden durfte. Also meine Schätzung war, dass das locker ein Kilometer war, der fehlte bis zur direkten Abbruchkante. Aber man kann sich da schwer verschätzen.
Kurzer Einschub, ich sitze in der „Svalbar“, habe ein leckeres Stück Lachs mit Gemüse und Kartoffelspalten genossen, zwei Gerstenkaltschalen dazu, also das Ausklingen des Tages gestaltet sich äußert angenehm. Ende Einschub.
Schon während wir alle den Gletscher betrachteten, was fast in einer religiösen Stille stattfand, was ich als bemerkenswert einstufe, da scheint ja was in den Köpfen der Leute abgelaufen zu sein. Vielleicht interpretiere ich da auch etwas rein, was nicht stimmt. Und obwohl der Guide meinte, dass dieser Gletscher einer der wenigen sei, der recht stabil ist, weiß natürlich jeder, dass weltweit Gletscher dahin schmelzen wie in der Wüste. Das war was ich meinte, mit der andächtigen Stille. Denn im Prinzip sind es die aktuellen Beobachter, die zu der ganzen K*cke beitragen, sagen wir es doch wie es ist.
Den ersten obigen Satz habe ich nicht zu Ende geführt, schon während wir noch den Gletscher beobachteten, stieg ein Geruch in die Nase, und zwar nicht die Abgase des Schiffes, sondern was Angenehmeres. Inkludiert im Ausflug war ja auch ein Mittagessen. Es gab - auf dem offenen Grill, an Deck - gegrilltes Walfleisch, irgendwas vom Schwein und Lachs, angereichert wahlweise mit Reis und/oder Salat. Also irgendwas vom Schwein brauche ich wirklich nicht, dass kann ich bis zum Sprung in die „Kiste“, wenn ich will, jeden Tag haben. Klar, hadere ich mit Wal auf dem Teller, aber es wird das erste und letzte Mal sein, also, ja, das probiere ich.
Die erste Hürde die zu nehmen ist, das Besteck ist, ökologisch korrekt, aus Holz. Das Walfleisch ist zwar durchaus zart aber minimal auch schneideresistent und schon nach wenigen Minuten habe ich meine ökologische Holzgabel in Trümmer zerlegt. Also muss eine weitere Besteckgarnitur her. Ist da die Ökobilanz nun im Eimer?
Fazit bzgl. des Walfleisches, ja, das war lecker. Zu behaupten, aus Tierschutzgründen im ganzen Leben keines mehr zu essen ist natürlich verlogen bis ins Letzte. Der Wal der für uns geschlachtet wurde hat mit 100%iger Sicherheit, und die Betonung liegt auf 100%ig, vorher ein passables Leben geführt. So ziemlich alles andere Fleischliche was ich noch zu mir führen werde, wird, ob öko hin oder her, unter bedeutend schlechteren Bedingungen gelebt haben. Wer was anders glaubt lügt sich in die Tasche. Sorry, wollte jetzt die Stimmung nicht vermiesen.
Wir schippern nun also weiter nach Barentsburg, dem zweiten Programmpunkt des Tages. Da steht nun also ein ziemlich großer „Elefant“ im Raum, Barentsburg=Russland. Auch wenn das so nicht 100%ig stimmt, denn ganz Svalbard steht unter norwegischer Verwaltung. Trotzdem, die Welt hat sich ja seit ein paar Tagen geändert, Russland hat gerade nicht viele Freunde auf diesem Planeten, außer anderen schrägen Diktatoren, an denen es ja keinen Mangel gibt.
Anlandung in Barentsburg, alle gehen von Bord, es steht ein Bus bereit, der uns ein paar Höhenmeter nach oben transportieren kann. Unser Guide hatte angemerkt, dass man auch ca. 400 Stufen nehmen kann. Die junge russische Führerin die uns in Empfang nimmt will uns eigentlich alle in den Bus lotsen, die Treppen sehen von weitem nicht soo steil aus, aber recht verschneit. Die Fotogruppe macht den Anfang und geht in Richtung Treppe, ok, dann will ich auch mal kein Weichei sein und erklimme die Stufen. Sie laufen sich sehr gut, weiter Tritt, nicht sehr steil, immer mal wieder unterbrochen von einem kurzen waagrechten Stück.
Die „Laufgruppe“ ist am Treffpunkt angelangt und der Bus ist immer noch nicht da, obwohl auch ein paar Fotohalte eingelegt wurden.
Einschub aus der Svalbar: Schreiben macht durstig, eine (weibliche) Bedienung kommt vorbei und nimmt das leere Glas mit, sie fragt gar nix, ich sage ich hätte gerne noch ein Bier. Das müsste ich an der Bar bestellen, so wäre das nach 22 Uhr, nebenbei, erbsenzählermäßig angemerkt ist es noch nicht 22 Uhr. Also was ich da dachte, das behalte ich jetzt für mich, aber es war nicht nett. Das netteste was man noch schreiben kann, was eine dusselige Blunz. Also rafft man sich auf und geht zum Tresen, der nette Barkeeper von gestern ist gerade dabei Cocktails zu mixen, also muss ich meine Bestellung wohl oder übel bei der „nettesten“ Bedienung der Svalbar aufgeben. Aha, es geht nicht nur darum, dass man an der Bar bestellen muss, sondern man muss auch gleich noch seinen Deckel zahlen. Das Trinkgeld kriegt hoffentlich der nette Barkeeper, der sich höflich bedankt hat. Ende Einschub.
Die junge russische Führungskraft ist irgendwie in Eile, die Gruppe kommt kaum hinterher. Es windet teilweise heftig, sie spricht hinter sich in den Wind und vorne stehen die Leute und verstehen kaum ein Wort. Klar kommt auch der „Elefant“ aufs Tapet, keine einfache Situation für sie, das ist mir bewusst, und man kann ihr sicher abnehmen, dass hier das Leben, ein paar tausend Kilometer vom Hasenhirn Putin entfernt, ein anderes ist. Immerhin leben hier nicht nur Russen, was ich bisher annahm, nein, auch und gerade Ukrainer leben und arbeiten hier. Wie bizarr.
Sie sagte selbst, in Barentsburg leben sie noch im 20. Jahrhundert und in Longyearbyen im 21. Was für eine niederschmetternde Diagnose von einer jungen Frau. Trotzdem pries sie, fast schon propagandistisch, die vielen tollen Dinge die es in Barentsburg gäbe, ein tolles „Dies“ und ein tolles „Das“. Ich fragte mich, muss sie das sagen, sagt sie das aus Überzeugung, weil, die ganze Szenerie ist einfach nur grotesk. Weniger, dass da immer noch eine Lenin-Büste steht, die sie eigentlich schon längst abreißen wollten, aber die Touristen das weiter sehen wollten. Ist da nun was Wahres dran? Es ist vielmehr die Ansammlung von Gebäuden die völlig verfallen sind und man dann aber trotzdem sieht, da brennt Licht, dürfte also bewohnt sein.
In Windeseile war der ganze Trip auch schon wieder zu Ende. An einem Hotel hielten wir an und sie schlug vor hineinzugehen und was zu konsumieren. Treffpunkt wäre um 15:15 Uhr am Souvenir-Shop. Also jetzt echt, ich habe einen Ausflug gebucht vom Ende der Welt, vom 21. Jahrhundert ins 20. Jahrhundert und soll mich dann in ein Hotel setzen um was zu trinken? Ähm, nein, danke.
Ein Teil der Gruppe geht ins Hotel, die andere Hälfte stromert rum. Ick och. Der Weg den ich entlang gehe endet mit einem Schild, Zugang nur für Bedienstete. OK, muss man akzeptieren. Dann in die andere Richtung.
Einschub: Die Zeit vergeht wie im Flug. Nun ist es in der Tat nach 22 Uhr, die Svalbar hat sich gelichtet, aber die Stimmung ist immer noch gut, die Musik heute stilmäßig ganz anders als gestern aber absolut cool. Morgen geht der Ausflug ja erst um 9 Uhr los. Ende Einschub.
Es war ein langer Tag, er geht schon fast zu Ende, auch wenn die Tour noch nicht zu Ende ist, der Bericht für heute ist es.
Di 08.03.2022 Longyearbyen
„Schnauf, quetsch, schlitter, kriech.“
Einschub. Sitze im „Stationen“, habe mich für eine „fiskesuppe“ zum Mittagessen entschieden, mit einer begleitenden Gerstenkaltschale. Hmm, lecker, also das Bier sowieso, aber die Fischsuppe, ein Gedicht. Ende Einschub.
Heute nun die Tour zur Eisgrotte, für den älteren Herrn natürlich im „Beltevogen“, also in einem Wagen der von einer Pistenraupe gezogen wurde. In einer weisen Einsicht hatte ich mich für den Transport des üblichen Plunders nicht für den Rucksack entschieden, sondern für die kleinere knitterfähigere Tasche. Klamottenmäßig war ich ähnlich präpariert wie gestern. Es war laut Anzeige im Info-TV -7 °C, gefühlt zweistellig. Zeitig hatte ich mich durch die Kälteschleuse nach draußen begeben, die Sonne beschien schon die umliegenden Berge, herrlich.
Der Beltevogen kam 1-2 Minuten nach 9 Uhr, ich stieg zu, ein Teil der deutschen Gruppe von gestern war auch dabei. Am Gästehaus 102 stiegen noch 4 junge Italiener zu, der Wagen war voll (10 Leute) und vorne beim Fahrer saßen auch noch zwei.
An Nybyen ging es dann den Longyeargletscher hoch, es rumpelte und schaukelte stärker als gestern auf dem Schiff. Der Wagen ist ungeheizt, was auch besser so ist, man ist ja schließlich eingepackt wie ein Michelinmännchen. Rüttel, schüttel, rumpel, Ankunft am Eingangspunkt. Alle bekommen einen Helm mit Stirnlampe und „Krampen“ für unter die Hufe. Weder das eine noch das andere hatte ich jemals in Gebrauch. Den Helm aufzusetzen war nun wirklich nicht schwierig, aber die Krampen korrekt anzulegen, ähh, schon kniffliger, mit Handschuhen als weiterem Hindernis. Naja, irgendwann waren dann alle abmarschbereit.
Auch wenn der Gletscher auf dem wir uns befanden sich deutlich von denen unterscheidet die man schon so oft in Filmen gesehen hat, er ist nämlich komplett flach, bedeutet das nicht, dass es nicht Gletscherspalten gibt, die natürlich jetzt im Winter auch noch schön mit viel Schnee verdeckt sind. Also, Hasenhirne aufgepasst, so direkt hat es der Guide natürlich nicht gesagt, aber sinngemäß doch in die Richtung, Leute, hier wird nicht einfach so rumgelaufen, immer nur hinter ihm her. Die Hasenhirndichte lag heute bei null, perfekt. Den Einstieg der Grotte hatte ich schon auf Bildern gesehen, aber was dann folgen würde, ich hatte keine Ahnung, es war nur zu lesen, dass man nicht klaustrophobisch sein sollte. Nun, damit habe ich keine Probleme.
Am Einstieg geht es eine Aluleiter runter, alles easy, dann kommen ein paar Holzstufen, an der Wand begleitet von einem Seil, an dem man sich fest halten kann. Auf den ersten Metern geht es also ganz schön in die Tiefe. Aber es hat genug Platz links und rechts und oben drüber.
Das wir hier im Gletscher wandeln können hat natürlich Gründe, er bewegt sich quasi nicht, die Höhle gibt es schon viele Jahre, wenngleich sie sich trotzdem Jahr für Jahr verändert, denn im Sommer rauscht hier das Schmelzwasser durch. Nur zum Vergleich, es gibt andere Gletscher die bewegen sich 11 Meter am Tag.
Ab und zu muss man, speziell wenn man etwas größer gebaut ist, mal den Kopf einziehen oder sich sonst wie verrenken, aber alles noch ok. Aber dann, uiuiui, der Guide, junger Spund und auch etwas kleiner, krabbelt durch eine Engstelle wo ich erst mal keinen Zentimeter Land gewinne, es ist niedrig, es geht etwas bergan und es ist das blanke Eis. Mehrere Versuche scheitern ich kriege nichts zu fassen, wo ich mich hochziehen kann und irgendwo richtig abstützten um dann etwas Schub einzusetzen klappt auch nicht. Zum Glück hatte ich hier nicht auch noch den bescheuerten Rucksack dabei.
Naja, irgendwann klappte es dann. Der Verlauf der Höhle ist abwechslungsreich, es gibt immer wieder andere Situationen zu entdecken, fast durchsichtiges Eis, mal hängen Eiszapfen unterschiedlicher Größe herab, alles nur beschienen durch unsere Stirnlampen, es gibt kein künstliches Licht hier unten. Es folgen noch weitere Engstellen unterschiedlicher Art, niedrig, schmal oder beides.
Es stellt sich mir eine Frage, eine leise Frage. Da wo die Höhle endet steigt man wieder raus, oder, wieder z-u-r-ü-c-k!? Ich schlucke die Frage runter, es kommt wie es kommt.
Plötzlich hängt ein kurzes Seil von der einen Wand zur anderen, nichts was einen nun wirklich zurück halten würde, aber eine Bedeutung wird es wohl haben. Der Tross hält an, wir schließen auf. Der Guide erzählt, dass das nun das Ende der Höhle ist, naja, zumindest für so unausgestattete Besucher wie wir. Hier kommt nur noch weiter, der mit dem üblichen Seil-, Haken- und Ösengedöns ausgestattet ist und damit umgehen kann. Er wirft zwei größere Eisstücke in den weiteren Verlauf der Höhle, leider ist die Wurfbahn nicht gut und sie zersplittern schon an der oberen Wand. Das was eigentlich gezeigt werden sollte war trotzdem klar, man sollte hören, dass es nach dem Wurf einige Zeit braucht bis man dumpf das Aufschlagen der Eisstücke vernimmt. Es geht hier also steil bergab.
Womit nun auch ungefragt beantwortet war, wo der Ausgang der Höhle liegt, beim Eingang. Aber der Guide gibt uns noch etwas Zeit. Wir sollen alle unsere Stirnlampen ausschalten. Klick, klick, klick, klick. Einige Lampen glühen noch kurz grün oder blau nach. Und dann ist es so stockdunkel wie es im berüchtigten Kohlenkeller wohl nicht ist. Zappenrabenstockduster, der Zustand ist nicht steigerungsfähig. Die Hand an die Nasenspitze gehalten offenbart, nichts. Beeindruckend. Dann sollen mal alle still sein, was natürlich deutlich schwieriger ist, als ein paar Lampen auszuschalten. Es war zu befürchten, dass gleich ein Handy schrillt, nein, das dann doch nicht. Aber das Leute mal für 2 Sekunden ihre Gräten still halten können, schwere Sache. Es glückt dann für ein paar Sekunden. Leichte Gänsehaut stellt sind ein, in rabenschwarzer Stille.
Es hilft nix, der Rückmarsch beginnt. Die engen Engstellen sind etwas einfacher zu meistern, es geht ja genau da leicht abwärts und notfalls surft man einfach die spiegelglatte Eisfläche runter. Aber die ungeübten Gräten werden doch noch mal gefordert, es wird gerobbt, gekrochen, geklettert, gerutscht. Das bordeigene Kraftwerk und der Bewegungsapparat fahren auf hoher Stufe. Jetzt wäre klamottenmäßg weniger mehr, aber etwas auszuziehen liegt nicht im Zeitplan, also weiter. Die Holzstufen sind erreicht, die Aluleiter in die obere Welt ist nicht mehr weit. Die Sonne scheint immer noch phantastisch. Ausrüstung zurückgeben, etwas abdampfen, also zumindest ich, Bilder knipsen, also zumindest ich, die deutsche Gruppe, eine Fotogruppe, knipst natürlich keine Bilder sondern, naja, die können das halt. Abfahrt.
Auf halber Strecke Zwischenstopp, etwas näher dran an Longyearbyen, eine grandiose Szenerie. Es gibt das schon bekannte Heißgetränk, das ziemlich süß ist und auf einem Blaubeerensirup basiert. Lecker. Fotoapparate werden gezückt, die sehr junge italienische Community blödelt herum, unbeschwerte Jugendzeit, zu beneiden.
Abfahrt. Alle dampfen, selbst durch die Handschuhe steigt er auf. Dementsprechend sind die Scheiben beschlagen, man sieht quasi nichts mehr draußen. Kurzer Smalltalk. Schemenhaft zeigt sich der Bereich der Kirche, also da wo die Sonne zurück begrüß wird. Wir liegen gut in der Zeit. Endstation ist an meinem Hotel, wie praktisch, von dort ist es nicht so weit zu laufen. Und dass ich gut in der Zeit liege ergibt sich daraus, dass noch Kindergartenkinder in einem größeren Pulk unterwegs sind und ohne die geht das ganze ja überhaupt nicht los. Es strömen jede Menge Leute herbei die meisten zu Fuß, aber auch mit dem Auto. Es werden Sticker ausgeteilt mit dem diesjährigen Bild der Gewinnerin des Zeichenwettbewerbs für das schönste Solfestuka-Bild.
Das offizielle Programm beginnt, der Polargospelchor singt. Durchs Programm führt eine Frau die glaube ich in 2020 auch beim PolarJazz-Festival-Vorspiel gesungen hatte. Es folgen andere Beiträge, der Kindergartenkinder, das Mädchen, das den Zeichenwettbewerb gewonnen hat darf sich einen Preis abholen. Auch die Zuschauer sind gefordert mitzusingen. Dann stimmen zwei Teenager ein Lied an, komme jetzt nicht auf den genauen Titel, aber „sun“ kommt natürlich vor (Es ist „Here Comes the Sun“, von den Beatles). Die beiden machen das gut, etwas Gegiggel dabei, aber tolle Stimmen und kräftig. Und wie ein Wunder, die Sonne zeigt sich, ein wirklich magischer Moment, es herrscht eine aufgekratzte, absolut euphorische Stimmung. Das war er also, der Augenblick weswegen die ganze Reise stattfand. Heijo, doch, so ist es. Ich meine wer über 8.000 km unterwegs ist, um sich das PolarJazz-Festival anzugucken, der kann das doch auch für einen (ersten) Sonnenaufgang tun, logo.
Die Menge löst sich in Windeseile auf, wie gesagt wurde, man geht wieder in den Kindergarten, Schule oder an den Arbeitsplatz zurück. Ich tue nichts davon, sondern entledige mich einiger Klamotten und gehe ins „Stationen“. Womit sich nun der Kreis mit dem obigen Einschub schließt.
Für heute gibt es kein weiteres festes Programm mehr, man muss es ja nicht übertreiben, bin ja schließlich im Urlaub. Etwas rumflätzen im Hotelzimmer, Bilder runter laden, abhängen. Abhängen. Abhängen. Aufraffen, ich bin ja hier nicht zum Vergnügen. 😎 Klamottenmäßig wird noch mal (fast) alles aufgefahren was zur Verfügung steht. Alleine die „Kälteschleuse“, wie werde ich die vermissen.
Noch mal hoch nach Nybyen, auch wenn sich kein Schauspiel wie gestern abzeichnet, dass die Berge gegenüber von Longyearbyen noch mal im Alpenglühen versinken. So ist es denn auch, was der Szenerie aber keinen Abbruch tut, es ist wolkenfrei und selbst zu der vorgerückten Stunde, nach 17 Uhr, ist es immer noch so hell, wie es Anfang Februar nicht um 12 Uhr ist. Es liegt auch ordentlich Schnee, die Temperatur stimmt, was man daran hört, dass der Schnee knirschtechnisch die feinste Akustik verbreitet die Ohren hören können. Das Geräusch ist einfach e-i-n-m-a-l-i-g.
Eigentlich könnte man sich jetzt schon in die Svalbar setzen, oder aber noch mal Klamotten reduzieren. Letzteres.
Es hat noch viele Plätze in der Svalbar frei, heute gibt es keine speziellen Spezialitäten, also dann ein Svalbar-Burger, mit Begleit-Gerstenkaltschale. Leckerer Burger und ebensolche Pommes. Zeit zu schreiben. Coole Mucke läuft dezent im Hintergrund. Darf es noch ein øl sein, frage ich mich selbst. Ja, unbedingt, heute letzte Gelegenheit, zumindest für ein frisch abgezapftes. Durch meinen anderen Zeitplan hätte ich bei der Rückkehr in Tromsø die Gelegenheit Bier von der „Svalbard Bryggeri“ in einem Laden, direkt neben der „Ølhallen“, käuflich zu erwerben. Und die Wetter- und Temperaturen sind dergestalt, dass man absolut keine Angst haben muss, dass einem die köstliche Fracht einfriert.
Um 21 Uhr hat neben mir eine kleine Gesellschaft Platz genommen, die irgendwas zu feiern hat, es wird geklatscht, Reden werden geschwungen, ein Höllenlärm. Es ist nur eine Feststellung.
Der letzte Abend in der Svalbar, Wehmut kommt auf. Heute in einer Woche bin ich hoffentlich heil zu Hause angekommen. Aber vorerst ist das Glas noch halbvoll und nicht halbleer, also das Bierglas ist leer, ich meine das „Urlaubszeitglas“. Und die Gerstenkaltschalen-Quote ist erfüllt, Ende. Präparation für den kurzen Heimweg.
Mi 09.03.2022 Longyearbyen – – – Tromsø
„Rückzug“
Heute früh (07:30 Uhr) pfeift ein hübscher Wind um die Häuser, der Schnee fliegt fast waagrecht. Bei den Bedingungen noch mal raus, och nö, lieber nicht. Zumal, wie gestern Abend schon spürbar, sich ein leichter Muskelkater eingestellt hat. Also Zeit noch Bilder zu beschriften, man kommt ja kaum hinterher. Der Bus zum Flughafen fährt um 12 Uhr ab, der Flieger geht 14:15 Uhr. Man muss sich an die Straße stellen, etwas vom Hotel entfernt, aber nach dem Frühstück schneit es nicht mehr und der Wind hat wohl auch nachgelassen. Für ein paar Minuten wird man es wohl mit der Jeans aushalten. An der Rezeption unterhalten sich seit einer Weile zwei Frauen auf, ich rate mal, tschechisch. Mir deucht, dass man dafür eine spezielle Atemtechnik braucht, das ist ja dermaßen schnell, wie kriegt man dabei noch Luft, phänomenal.
Also auf den Bus habe ich genau 0 Sekunden gewartet. 15 Minuten vor der Zeit habe ich mich aufgerafft, letzter Gang in die Kälteschleuse, intuitiver Blick nach draußen, man kann wenige Meter der Straße hinter der Fußgängerbrücke einsehen, da rollt auch schon der Bus heran. Die Schuhe waren schon geschnürt, also geschwind das Gepäck geschnappt und in den schnellen Vorwärtsgang geschaltet. Zwei andere Hotelgäste hatten schon ihr Gepäck im Bauch des Busses platziert und waren eingestiegen. Die Brücke versperrt für ein paar Sekunden den Blickkontakt zum Busfahrer, der hatte die Gepäckklappen schon wieder geschlossen und stieg gerade in den Bus ein, ich rufe „Stopp!“, er dreht sich zwar kurz um geht dann aber doch weiter, „Stopp!“, er hält inne. Das Gepäck wird verstaut, ich steige ein. Vermutlich war der Spurt aber gar nicht notwendig, denn es war ja immerhin 15 Minuten vor der Zeit. Fahrt bis nach Nybyen, warten, es steigen einige Passagiere zu. Pünktliche Abfahrt um 12 Uhr. Neben anderen Unterkünften wird auch die Haltestelle meines Hotels noch mal angedient. Buchen wir den Spurt also mal als Mini-Frühsport ab, den Muskelkater etwas kitzeln.
Ankunft am Flughafen. Heute gehen innerhalb ca. einer Stunde zwei Maschinen in Richtung Süden. Es gibt auch noch verspätete Passagiere die den vorherigen Flieger erreichen wollen. Zwar hat es drei Self CheckIn-Automaten und zwei besetzte Schalter, aber das Nadelöhr ist die Sicherheitsstraße, davon gibt es nur eine. Naja, da muss man sich halt etwas in Geduld üben. Irgendwann ist auch diese Hürde genommen.
Ich suche einen Sitzplatz. Nebenan sitzt jemand mit einem frisch gezapften Bier, die werden doch nicht hier etwa, ja doch, genau. Dazu ein Baguette und, fast hätte ich es vergessen, eine Svalbard Posten. Das Bierchen zischt.
Das Bording startet, der Flieger rollt zur Startposition, wir werden in Richtung Osten starten, ich sitze rechts im Flieger sehe also Longyearbyen im Panoramaformat. Und wenige Minuten später verschwindet der Boden auch schon im Dunst und Nebel. Dafür brettert die Sonne wenig später fett durch die Fensterchen, dichte Wolken versperren den Blick aufs Wasser.
Zeit vllt. mal kurz die Äuglein ruhen zu lassen. - Pause - Also schlafen konnte man das nennen, dösen auch nicht, Mittagsschlaf geht anders.
Der Sinkflug setzt ein, das Wetter in Tromsø sieht gar nicht mal so schlecht aus, im Westen scheint die Sonne, die vorgelagerten Inseln erscheinen, alles immer noch tief verschneit. Temperaturen leicht über Null raffen den Schnee doch so schnell nicht hin. Landung. Bis die Treppe kommt dauert es ein Sekündchen länger als es hätte sein müssen.
Ankunft natürlich wieder im gleichen Terminal wie beim Abflug. Es gibt nur ein Ankunftsband und das ist kurz und endet einfach, kein Rundkurs. Das Band läuft an und dann passiert das was immer passiert. Gefühlt 90 Prozent der Superhasenhirne rennt direkt ans Band, also wirklich direkt davor, am besten noch mit einem Kofferkuli bewaffnet. Es ist immer der lebende Beweis, dass der Homo Sapiens nicht zu den intelligentesten Tieren auf dem Planten gehört. Würden alle einfach 5 Meter Abstand zum Band halten so hätte jeder der seinen Koffer entdeckt genug Platz sein Stück zu angeln und ohne Hauen und Stechen aus der Menge wieder zu verschwinden. Aber das werde ich nicht mehr erleben.
Vor dem Terminal steht ein Bus, aber es sitzt kein Busfahrer drin. Die Leute die ihren Anschlussflug nach Oslo kriegen wollen müssen die Füße in die Hände nehmen und eben laufen. Mit Rollkoffern im Schneematsch mit Split durchmischt auch kein Zuckerschlecken. Mit meinem leichteren Gepäck in den Händen geht es deutlich angenehmer. Das Auto steht friedlich da wo ich es abgestellt habe. Gepäck rein, einsteigen, Zündung, brumm, läuft. Zurück gelassene Getränke, Gemüsesaft, O-Saft, eine halbe Flasche Mineralwasser, alles ungefroren.
Im Tunnel entere ich direkt das Felsenparkhaus und orientiere mich gut, dieses Mal in die Halle 1, das liegt sehr günstig zum Ausgang. 680 Fahrzeuge passen hier unten rein, schon ein riesiges Ding.
Ob der frühen Tageszeit die Chance genutzt und „goldene“ Flüssigkeiten eingekauft, für zwei Herren in der Heimat. 😎 Da soll mal noch einer sagen es wurden hier keine Mühen und Dingens gescheut. Die Füße hadder sich platt gelaufen von Geschäft zu Geschäft, der Urlaubär. 😎 Alles andere als La-Ola-Wellen beim Empfang der Mitbringsel werden nicht akzeptiert. 😎
Essen wieder im Walter & Leonard, dieses Mal eine Pilzsuppe, ganz köstlich. Und weil die ja ganz leicht, locker und luftig war, dann noch ein Dessert als Abschluss. Definitiv auch nichts Ordinäres. Es sah nach recht wenig aus, war aber doch üppig. Also das Walter & Leonard ist eine Empfehlung wert. Auch das Ambiente ist sehr nett.
Dann ins Solid, hier sitze ich nun schon eine Weile, es ist nicht so voll wie am letzten Samstag. Witzigerweise erkennt das Notebook immer noch die alten Zugangsdaten für das WiFi. Und es hat immer noch Weihnachtsbier, perfekt.
Übrigens, alle Bargeldliebhaber, ihr solltet Sverige und Norge ohne Plastikgeld nicht mehr betreten. In Longyearbyen stand in allen Geschäften, Kneipen und Restaurants in denen ich war, dass kein Cash mehr akzeptiert wird. Zitat: „Cash is no longer king“. Ja, mit Plastikgeld ist schon einfach, aber was mich maßlos ärgert ist, dass sich die Kreditkarten-Institute bei all den Auslandstransaktionen seit einigen Jahren mit den anfallenden Gebühren doch eine goldene Nase verdienen. Wie gesagt, geduldete mafiöse Strukturen sind das.
Nun geht es daran das Bildmaterial von heute zu bearbeiten. Die Filmsequenz vom Start in Longyearbyen ist schon aufregend. Wenn überhaupt waren Anfang Februar nur noch schemenhaft Lichter zu erkennen.
Do 10.03.2022 Tromsø – Kjøpsvik – – Drag – Innhavet
„Naß und warm“
318 NOK hat das Parken im Felsenparkhaus gekostet, ein stolzer Preis. Dafür kann man, wenn man sehr sparsam ist, sogar Essen gehen. Aber so ist es nun mal.
Passender Einschub dazu. Gestern Abend hatte ich im Walter & Leonard ja eine „Soppsuppe“ (Med stekt og syltet sopp, sultet gulrot og grilled brød; „Mushroom soup“ With fried pickled mushrooms, pickled carrots and grilled bread). Das Dessert „Konfektkake“ (Serveres med appelsinsorbet), also ein Kuchen aus/mit Konfekt schlug noch mal mit 165 NOK zu Buche. Dazu ein Øl. Das machte schlanke 506 NOK (51,50 €). Es ist Urlaub, man gönnt sich das ja nicht jeden Tag. Dann im Solid noch zwei Øl hinterher, mit Tipp zusammen 260 NOK (26,46 €). Dafür war das das leckerste Weihnachtsbier unter der Sonne. Ende Einschub Preisgefüge in Norge.
Im Hotel gefrühstückt hatte ich nicht, keine Ahnung, warum ich die Buchung ohne Frühstück genommen hatte. Aber machen wir was daraus, also an einer Tankstelle anhalten, da gibt es immer frischen Kaffee, noch einen „brus“ (eine Art Limonade, Marke „Villa“) dazu und ein mat-pakke. Mit selbigem konnte man zwar keinen Bärenhunger tilgen, es waren nur zwei recht magere Scheiben Brot, aber ein echt norwegisches Produkt, das ist doch mal nett. Eine Scheibe wurde dann sofort verputzt.
Zuerst nahm ich an, dass sich das Thermometer im Auto noch nicht vom doch recht warmen Felsenparkhaus akklimatisiert hatte und sprach beim ersten Video während der Fahrt aus Tromsø heraus noch davon, dass es auf keinen Fall +7 °C haben kann. Aber auch nach weiteren Kilometern änderte sich daran nichts. Es war so warm, irre. Nur an wenigen Stellen fiel das Thermometer mal auf 0 °C, aber unter dem Gefrierpunkt war es heute kein einziges Mal.
Einschub. Es ist 17:30 Uhr, der Magen hängt langsam auf halb acht, oder wie sagt man das noch mal? Er könnte halt mal was Anständiges vertragen. Zum Glück gehört zum Hotel auch ein Restaurant dazu. Denn weit und breit ist hier sonst nix zu bekommen. Außer natürlich an der Tanke gegenüber rasant gesunde Pølser und ähnliches. Ende Einschub.
So richtig spannende Dinge sind heute nicht passiert, auf einer für meine Belange extrem kurzen Tagesstrecke von 359 km auch nicht verwunderlich. Die einzige Abwechslung war die Fährfahrt von Kjøpsvik nach Drag, die ich zum ersten Mal gefahren bin. Sonst nahm ich immer Bognes – Skarberget oder Bognes – Lødingen. Bognes – Skarberget war nicht möglich, weil beide Fähranleger komplett umgebaut werden, die dort verkehrenden Fähren werden nämlich auf elektrischen Antrieb umgestellt und da muss die entsprechende Infrastruktur gebaut werden. An den Fähranlegern in Kjøpsvik und Drag sind sie da derzeit schon dran, da ist auch alles Baustelle.
Die Überfahrt ging ziemlich ruhig ab. Als ich in Narvik das doch recht aufgewühlte Meer gesehen hatte, machte ich mich schon auf eine ziemliche Schaukelei bei der Überfahrt gefasst, dem war aber nicht so. Wenn ich es richtig gesehen habe, dann hatte die Überfahrt ca. 50 Minuten gedauert.
Da ich nicht wie geplant in Narvik zu Mittag gegessen hatte, ich war noch nicht hungrig, hatte ich mir dann unterwegs an einer Tanke doch einen Pølser mit einem weiteren Kaffee gegönnt. Aber wie im obigen Einschub schon angemahnt, ich habe jetzt echt Hunger. Also, erst mal Pause.
Der erste Pluspunkt ist schon mal, hier ist man noch nördlich genug, dass man Mack Øl im Angebot hat. In Trondheim hatte ich mal nach einem Mack Øl gefragt und wurde darauf verwiesen, dass es das so weit südlich nicht mehr gibt.
Zu Essen gibt es einen "Salat med reker", ich bin sehr gespannt. Das Ambiente der Lokalität ist etwas einfach gehalten, das Essen muss am Tresen bestellt und gleich bezahlt werden.
Heute waren mir unterwegs zig Militärfahrzeuge begegnet, auch welche die in der Windschutzscheibe noch ihr „Y“-Bundeswehrkennzeichen liegen hatten und ansonsten mit einem norwegischen Kennzeichen ausgestattet waren. Plötzlich bog vor mir ein recht kleines Fahrzeug auf die Straße ein, welches 4, tja, ich bin kein Kenner des Zeugs, Raketen montiert hatte. Alter, wie krass ist das denn, hoffentlich waren das nur Attrappen? Irgendwann sah ich dann, dass da wohl eine Kaserne war. In Innhavet am Hotel standen drei LKW mit offenen Anhängern, die alle militärisches Gerät geladen haben. Danke, Putin, für nichts.
Der reke salad war ordentlich, kommt aber an den im Hotel Frykenstrand nicht heran. Und wie schon angedeutet, mit 280 NOK kann man was Ordentliches zu Essen und Trinken bekommen. Das Øl neigt sich dem Ende zu, Zeit zu gehen.
Einschub: Lästern. Schon öfter habe ich mich ja darüber lustig gemacht, wenn es Leute in Hotelbewertungen negativ bewertet haben, wenn es kein deutsches Fernsehen gab. Und einige, nicht alle, Sendungen lassen sich nun mal im Ausland, wegen Geo-Blocking, nicht über das Internet streamen. Aber, man darf ja auch etwas kreativ werden und der ganzen Geoblockiererei doch noch ein Schnippchen schlagen.
Geht so: Mit einem völlig unintelligeten Satelliten-Receiver (der den Begriff Smart noch gar nicht kennt), programmiert man das noch zu Hause was einen interessiert. Dann, unterwegs, baut man über seinen Router zu Hause, oder auch einem NAS, eine VPN-Verbindung auf, dann ist man auch unterwegs quasi doch im eigenen Netzwerk zu Hause. Und dann muss man nur noch warten, bis der Receiver zu Hause mal wieder etwas aufzeichnet und kann sich das dann über eine Webseite direkt vom Receiver runter laden und dann in Ruhe und auch in ordentlicher Auflösung gucken. Ja, werden jetzt hier die Internet-Aficionados sagen, was ein Quark, da gibt es doch genügend Dienste im Internet die einem all das auch bieten. Ja, und wo ist da der Reiz, wo ist das Kniffel das gelöst werden soll? Mal davon ganz abgesehen, dass mir diese Firmen noch meine Privatsphäre klauen. Ähm, ja, das ganze setzt natürlich voraus, dass man auch zu Hause eine ordentliche Internetverbindung hat. Ende Einschub Lästern.
Und jetzt bin ich gespannt, was die „Anstalt“ zum Hasenhirn Putin für Tafelnummern zu bieten hat.
<Grummel> Also eine Tafelnummer gab es schon mal nicht. Aber das Ende der Sendung habe ich verpasst, sicher weil es vorher wieder heftige Überziehungen gab. Ja, ja, lästert ihr doch nur, hädder doch nur „Sendung verpasst“ oder etwas in der Art genutzt, der Ömmel. 😎
Tja, es ist nicht zum Lachen, also das was in der Welt so passiert. Putin hat den Verstand verloren, in Australien Überschwemmungen, in der Antarktis historisch wenig Eis zum Ende des Sommers. In Deutschland Tagestemperaturen die deutlich zweistellig sind, die Coronazahlen steigen rasant, dabei ist der „Freedom-Day“ noch gar nicht erreicht. Und mit jedem Tag nähere ich mich dem normalen Wahnsinn weiter. Ende für heute.
Fr 11.03.2022 Innhavet – Mosjøen
„Das Glück nicht herausfordern“
Bah, das waren üble Aussichten heute früh beim Start, Regen, zwar gemäßigt, aber trotzdem unangenehm, stark bewölkt. Man fährt so vor sich hin, heute wieder eine sehr kurze Tagesetappe, nur 395 km. Die Temperaturen schwankten leicht über dem Gefrierpunkt.
In Fauske habe ich mir an der Shell-Tankstelle, die mit der WebCam, nicht nur einen Kaffee geholt sondern auch zwei Kanelboller (Zimtschnecken). Eine davon wurde gleich genossen, köstlichst.
Nach einer ganzen Weile geht es dann das Saltdal entlang, es ist breit und zieht sich, bis die Straße irgendwann langsam an Höhe gewinnt. Die Straßensituation an der Abfahrt auf die [77] (nach Graddis) ist nun fertig, von der [E6] sieht man schon den Eingang zu einem Straßentunnel. Die [E6] auf der Nordseite des Saltfjellets bleibt aber weiterhin schmal und kurvig. Und während man so stetig an Höhe gewinnt, wird es wärmer draußen, ja wie verrückt ist das denn. Das Thermometer zeigt +5 °C.
Bald ist der nördliche „bom“ (Straßenbalken) erreicht, also da wo man sich im Falle des Falles für das Kolonnekjøring gedulden muss, die Gebäude von Statens vegvesen liegen direkt an der Straße (siehe Bild 2 oben im Abschnitt „WebCams“). Heute ist davon bei den Bedingungen natürlich nicht die Rede. Es sind hier trotzdem noch +3 °C, die Sonne scheint grell, der Himmel ist aber nicht komplett blau, es hat ganz leichten Dunst. Aber hey, nicht das das jetzt klingt als wollte ich mich beschweren. Auf einer Skala von 0 (ganz übel) bis 10 (extra ordinär gut) war das eine 7,5.
Weiter geht es. Teilweise liegt doch noch etwas festgefahrener Schnee auf der Straße, der bei den Temperaturen aber nicht gut zu fahren ist, im Gegenteil, man muss höllisch aufpassen, gibt es Spurrinnen hat man mit breiten „Schlappen“ nicht viel zu lachen. LKW die einem entgegen kommen pusten einem mit einer Ladung die Scheibe voll Matsch dass man im Blindflug fährt.
Es gibt entlang der Strecke durchaus ein paar Möglichkeiten wo man ein paar Meter auf kleine geräumte Parkplätze fahren könnte. Aber ich traue dem Frieden nicht und fahre weiter. Da im sulzigen Schnee stecken zu bleiben, nein danke.
Der Parkplatz am Polarkreis ist nicht befahrbar. Aber da an der Stelle die Straße wegen einer Abbiegespur quasi dreispurig ist, kann man sich doch an die Seite stellen ohne den Verkehr zu behindern. Da platziere ich mich mal hin. Es ist vergleichsweise warm, in der Sonne, und bei fast keinem Wind, Pullover reicht als Kleidung. Das Licht ist gleißend, alles ist weiß, es gibt nahezu keine Kontraste. Ich war fast schon am Einsteigen, da kommt der Güterzug den ich schon hinter Fauske gesehen hatte. Glück muss man haben.
Die Fahrt geht weiter. Auf der Straße rinnt eine Menge Wasser runter, tiefe Pfützen haben sich gebildet, es lässt sich manchmal nicht vermeiden mehr oder weniger durch zu fahren, bei Gegenverkehr. Dann überholt mich ein LKW, ich fahre mit gut 80 km/h nicht gerade langsam, 90 km/h sind erlaubt. Im Vorbeifahren schüttet der Eumel mich mit Matsch heftig zu, langer Blindflug. Verrückter Kerl.
Dann sieht man schon von weitem eine lange Wasserfläche die jeweils vom Straßenrand bis fast ganz in die Mitte reicht, sofort die Geschwindigkeit stark runter aber doch zügig durchfahren. Alter Schwede, was eine Fontäne links und rechts. Das Abenteuer Saltfjellet geht dem Ende entgegen. Klasse Sache, das.
Dann lese ich, Korgfjellet (643 moh), ah, denke ich mir, da wollte ich ja schon mal lang fahren und hatte aber den Abzweig nicht gefunden, dann mache ich das halt heute, Zeit habe ich ja genug. Die Strecke ist dann doch gut ausgeschildert. Dann steigt die Straße schon heftig an, aber sie ist noch komplett schneefrei. Das ändert sich aber bald. Uiuiui, das ist auch so eine teilweise sulzige Mischung aus Schnee und Eis, sehr schmale Spurrinnen in denen die Schüssel rumeiert wie besoffen. Nee, da hab' ich ein ungutes Gefühl, an einer Stelle mit einer kleinen Haltebuch drehe ich bequem, mache noch ein paar Photos und fahre wieder zurück und dann doch lieber durch den Tunnel, besser ist das.
Im weiteren Verlauf der [E6], je näher ich Mosjøen komme, biege ich von der neuen [E6] ab und fahre auf der alten Strecke. Da kann man in Ruhe herum gondeln. Das Wetter ist immer noch phantastisch.
Das Hotel in Mosjøen sieht aus der Nähe (von außen) immer noch etwas herunter gekommen aus, aber es ist teilweise schon renoviert, die Rezeption, der Frühstücksbereich und einige Zimmer. Mein Zimmer liegt nicht zur Straßenseite (der [E6]), was sicher kein Fehler ist. Fahre noch mal mit dem Auto ins Zentrum, zu Fuß ist mir das zu weit. Laufe durch die Sjøgata, siehe die Routenplanung. Suche noch ein paar Geschäfte auf, um Dinge zu kaufen. In einem Laden gibt es mehr Selbstbezahlkassen, oder wie sich das nun genau nennt, als noch mit Menschen besetzte Kassen. AMA_ON lässt grüßen. Wieder ein paar Arbeitsplätze weniger und mehr Profit für so Aasgeier wie Bezos und Co. Man könnte im Strahl kotzen wenn man das sieht.
Zurück im Hotel, es ist immer noch früh am Tag. Bilder sichten, Notizen machen. Ab 19:30 Uhr soll es ein im Übernachtungspreis inkludiertes Essen geben, so wie auch 2004 schon, da war ich nämlich auf meiner ersten Norge-Reise auch hier. Der Frühstücksraum, in dem wohl auch das Abendessen eingenommen werden kann, ist komplett leer. In einem anderen Raum tobt aber der Bär, scheint aber eine geschlossene Gesellschaft zu sein. Ich kann eine Bedienung fragen wie das mit dem Essen funktioniert, sie ist etwas in Eile, ja sie wären spät dran, meint sie, ich solle mich bedienen, so hatte ich sie zumindest verstanden.
Im Frühstücksraum steht ein Warmhalte-Dings, neben dran ein paar belegte Sandwiches, mit Klarsichtfolie abgedeckt, daneben ein paar Nachtischportionen, eine Schlüssel mit Kartoffelsalat, es gibt unterschiedliche Sorten Brot, man kann sich O-Saft nehmen, Milch, Kaffee gibt es auch. Ich lupfe den Deckel des Warmhalte-Dings, leer, da ist nix. Also nehme ich mir zwei belegte Sandwiches, etwas Kartoffelsalat, für den Anfang.
Dann kommt eine andere Servicekraft. Mit hoppelnder Kommunikation verständigen wir uns darauf, dass es wohl auch was Warmes zu essen gibt, allerdings nur Pizza. Es gibt drei verschiedene Belagsmöglichkeiten, ich wähle Salami. Es würde aber so ca. 10 Minuten dauern, meint sie entschuldigend, ich sage, dass das völlig OK ist. Ich werde ihr ja jetzt nicht aufs Auge drücken, dass ich zu Hause meistens schon um 18 Uhr fertig mit Abendbrot bin. 😎
Aus den 10 Minuten sind glaube ich ein paar mehr geworden, aber hey, ich bin nicht auf der Flucht. Die Pizza kommt und ich denke, aha, das rote, das sind die Salamistreifen, aber, was ist all das Gelbe? Das wird doch nicht? Ich brauche es gar nicht in den Mund zu verfrachten, die Nase meldet schon vorher, das sind Ananas, es sind A-n-a-n-a-s! Ich fasse es nicht. Nur um die ganze Absurdität zu verstehen hier meine Beschreibung zum 2004er Abendessen: „Das Essen am Abend war gar nicht schlecht, am Buffet konnte man sich bedienen. Die warme Speise war zwar etwas abenteuerlich zusammengestellt, Würstchen klein geschnitten, Zwiebel, Kapern und Oliven, hat aber gut geschmeckt.“ Also essenstechnisch ist das hier wirklich sehr speziell. Nee nee, die Ananas-Pizza (denn das war es was man geschmeckt hat) war schon OK, aber wer kreiert denn bitte so was? Ich glaube davon träume ich heute Nacht.
Morgen auch wieder nur eine kurze Tour von 388 km. Ende für heute.
Sa 12.03.2022 Mosjøen – Trondheim
„Immer noch viel Schnee und grandioses Wetter“
Pizza mit A-n-a-n-a-s! Es ist nicht zu fassen… 😎
Zum Frühstück gab es aber keine Ananas, obwohl, vllt. gab es Joghurt mit Ananas, so genau habe ich es nicht geprüft. Am Frühstücksbuffet hatte es alles was man braucht und weil ich es bisher noch nicht genutzt hatte, wählte ich heute mal Heringshappen mit Senfsauce, immer wieder ein Gedicht. Ein Schwachpunkt, wie ich finde, in Norge, speziell beim Frühstück kann sein, dass man um das Müsli zu verflüssigen zwar zwei Milchsorten zur Verfügung hat, aber zwischen 1% Fett und 0,1% Fett wählen muss. Pech hat man, wenn die 1%-Variante aber leer ist. Ich meine, wer zur Hölle bringt eigentlich Milch mit 0,1% Fett in Umlauf, da kann ich auch gleich Wasser trinken. Auf der aktuellen Reise stand aber immer Milch mit 1% Fett zur Verfügung.
Auch heute war wieder keine Eile angesagt, 388 km standen auf dem Plan, eine Strecke von untergeordneter Länge. In Mosjøen lachte die Sonne vom Himmel. Die Schüssel war mal wieder komplett mit Reif überzogen. Sie stand im Schatten, also Motor anstellen, warten und das Gebläse etwas arbeiten lassen. Abfahrt.
Es gab heute auch mal wieder Temperaturen unter dem Gefrierpunkt, allerdings nicht kälter als -5 °C, aber immerhin, da will man nicht meckern.
Auf der [E6] gab es für mich einige Abschnitte die nun neu waren, es gab keine Baustellen mehr, alles was mal angefangen wurde ist also nun fertig gestellt. Bei den Wetter- und Straßenverhältnissen wie heute macht das nicht so arg viel aus, aber wenn es heftig schneit und man nicht auf den schmalen, kurvigen und bergigen Strecken fahren muss, dann bringt das natürlich schon etwas.
Wetter- und zeitbedingt wurden heute viele Stopps eingelegt. Auch wieder am „Villmarksvegen - Helgeland, Kappfjell-lia“
Mittagessen fiel wieder aus. Es gab etwas „Kvikk Lunsj“. Zitat Wikipedia: "Der Name dieses Produkts ließe sich etwa mit „schnelle Mahlzeit“ übersetzen."
Ab Steinkjer ist die [E6] bis Trondheim nicht wirklich schön. Es herrscht viel Verkehr, es hat ein paar Baustellen, aber vor allem landschaftlich ist der Kontrast zu vorher sehr groß. Also mir gefällt der Abschnitt gar nicht.
Und kaum ist man in Trondheim über die Brattørbrua drüber steht man in einem Verkehrschaos das ich so noch nie gesehen habe, in Trondheim. Es ist regelrechter Stau, zumindest aber nicht in meiner Richtung. Ich habe riesiges Glück, direkt vor dem Hotel ist ein freier Parkplatz und doppeltes Glück am Samstag beginnt bereits ab 15 Uhr die gebührenfreie Zeit. Kurz einchecken und dann sofort wieder raus. In der Stadt ist die Hölle los, die Fußgängerzone mit Menschen zum Bersten gefüllt. Wie wird das dann da erst im Sommer, wenn noch deutlich mehr Touristen kommen? Nee, also das ist nicht meine Sache.
Ich glaube zu so Lichtbedingungen war ich noch nie in Trondheim, also wenn die Sonne noch scheint. Bin sogar mal hoch zur Festung, da war ich auch noch nie. Rein bin ich aber nicht.
Am Abend war ich mit einem Norwegen-Freunde Forums-Mitglied verabredet. Ein sehr netter Abend, an der Stelle noch mal „tusen takk“! 😎
Auch die morgige Etappe nach Hamar ist sehr kurz, 389 km sollen es sein. Aber ich nehme die Route über das Dovrefjell, dann sind es 417 km, jetzt auch kein Streckenrekord, der lag bei 1.087 km von Rovaniemi nach Uppsala.
Ende für heute.
So 13.03.2022 Trondheim – Hamar
„Spaziergang im Schnee“
Ähm, wo bin ich heute früh noch mal losgefahren? Ah Trondheim. Die Stadt war wie ausgestorben, der volle Kontrast zu gestern Abend. Heute früh lagen wohl alle noch mit Schädelweh in den Federn. Nur ein paar verhuschte Gestalten waren schon auf den Beinen. So war man auch ruck-zuck aus der Stadt draußen.
Bis man ans Dovrefjell kommt dauert es etwas, es gibt auch hier einige Abschnitte der [E6] die nun keine Baustelle mehr sind, es fährt sich dort natürlich deutlich flüssiger, aber auch etwas spannungsloser. Auch heute habe ich wieder Zeit im Überfluss, man muss also nicht hetzen. Kurzer Halt am Bahnhof in Oppdal, da bin ich ja schon ein paar Mal mit dem Zug durch gefahren.
Dann geht es langsam bergauf, man klettert letztlich immerhin auf knapp 1.000 m. Am ersten Parkplatz habe ich mich mal hingestellt, mehr oder weniger mit der Aussicht, da nicht viel bezwecken zu können, so unausgerüstet wie ich bin. Dann sah ich zwei Leute mit Langlaufskiern bestückt die Straße überqueren und entschwinden. Warum nicht einfach mal schauen, ob man da nicht auch fußläufig weiter kommt.
Entscheidend dabei dürfte sein, ob man nur mit Schuhen nicht im meterhohen Schnee versinkt. Aber alles gut, man sinkt gar nicht ein, wunderbar. In einer Spur die Langläufer angelegt haben kommt man gut voran, aber nur einen Schritt neben dran versinkt man sofort knöcheltief im Schnee. Wie hoch der Schnee teilweise liegt sieht man daran, dass ab und zu von Wegweisern nur noch 4-5 cm heraus schauen.
Es geht langsam bergauf, gerade richtig für mein eingebautes Kraftwerk und den Fortbewegungsapparat. Die Sonne ist noch leicht hinter Wolken verdeckt, hat aber schon Kraft und es wird warm. Dann muss man halt ganz umständlich und lange Bilder schießen und „dampft“ etwas ab. Alles hat mal ein Ende, zwar nicht der Weg, keine Ahnung wie weit der noch führen würde, vermutlich noch sehr weit. Also wieder umdrehen. Nun habe ich auch mal meine Füße auf das Dovrefjell gesetzt.
Weiter geht es. Versuche noch mal anzuhalten und etwas die Botanik breit zu treten, das wollte aber nicht gelingen, man muss es ja auch nicht übertreiben. 😎 Also sehr entspannt weiter fahren.
Auch das Dovrefjell hat mal ein Ende, nach Dombås geht es recht flott runter, die beiden Spitzkehren schließen es symbolisch ab. Das war letztlich das einzige Highlight des Tages, aber absolut top.
Der weitere Verlauf des Weges war jetzt nicht mehr so spannend. Vor Lillehammer begann der Verkehr ziemlich zähflüssig zu werden, da war einiges los. Dann überquert man den Mjøsa (ein See) und dann, Schock, die Autobahn darf mit 110 km/h bebrettert werden. Bei dem Wahnsinn mache ich nicht mit, Tempomat 100 km/h, das ist mir flott genug. Halb Norge donnert an mir vorbei, <pfffft>.
Im Hotel residiere ich im obersten 7. Stock, mit Blick auf den See, tolle Aussicht. Die aber nur kurz genossen wird, gut anziehen es ist bei 0 °C frisch um die Nase. Es ist Sonntag, das Zentrum recht ausgestorben. Mit der Gastronomie ist es nicht so doll bestellt. Die üblichen take-aways, das ist keine Option. Direkt am Hotel ist ein O'Leary, da gibt es zwar auch was Ordentliches zu Essen, mir dann dabei die Ohren von irgendwelchen Sportnachrichten voll quaken lassen, grauslich. Dann lieber ein original norwegisches Pizza Restaurant. 😎
Hier wird ein „Frykenlund Juicy IPA“ und ein Laksefilet bestellt. Das „Juicy“ hätte mich stutzig machen sollen, das war irgendwie mit einem firlefanzmässigen Zusatz verdingst. Aber es war doch trinkbar, da habe ich in Norge schon krasseres Bier getrunken. Dafür war das Laksefilet ausgesprochen gut, damit hatte ich nicht gerechnet. Das normale Frykenlund ist ein normales Pils, unverfirlefanzt, das ist gut trinkbar.
Somit wäre der letzte Tag in Norge auch notiert. Es ist noch früh am Abend, gerade mal 19 Uhr, aber heute sollte es nicht ganz so spät werden, morgen steht zur Abwechslung mal wieder eine deutlich längere Tagesstrecke an und übermorgen ja erst recht.
Mit den neuen Hotels auf der Reise hatte ich kein großes Glück. In Hamar habe ich zwar einen tollen Blick auf den See, aber dafür auch die Bahnstrecke direkt in sicht- und hörweite. Gestern in Trondheim war ich im Erdgeschoss, draußen eine Seitengasse in der die samstäglichen Nachtschwärmer bis spät in die Nacht teilweise lautstark unterwegs waren. In Innhavet lag mein Zimmer auch mit direktem Blick auf die [E6], da donnerten auch schon viele LKW vorbei. Und gut schallisolierte Fenster sind in Norge absolute Mangelware.
Mo 14.03.2022 Hamar – Malmö
„Halsabschneider“
Geniales Wetter in Hamar. Gestern in Trondheim gab es noch 4%ige Milch, heute gibt es wieder nur nie Wasseredition, also 0,1%. Huch ist das frisch, es sei vermerkt, mit -5 °C war es in ganz Norge (Festland) damit am kältesten.
Die Strecke von Hamar bis Malmö kann im Prinzip komplett auf der Autobahn zurückgelegt werden. Das war mir ehrlich gesagt nicht bewusst, dass das möglich ist. Was macht man nun stundenlang auf der Autobahn? Etwas was kontraproduktiv ist, nämlich den Tempomat auf 92 km/h stellen, bei 110 km/h die erlaubt sind. Damit verscherzt man es sich aber mit den LKW-Fahrern, die hängen einem dann pausenlos im Kofferraum, die Schallmauer liegt bei 95 km/h, dann ist man für die zumindest kein Hindernis mehr.
Einschub. Ich sitze in Malmö im Piccolo Mondo, gegessen habe ich schon (Salat mit Lachs, großartig), der Pinot Grigio ist sehr gut, zuerst erschien er mir etwas zu warm, aber nein, das war genau richtig. So mitten in der Woche ist es nicht ganz so voll, draußen sitzt sogar niemand, allerdings vor den anderen Lokalitäten sitzen jede Menge Leute draußen. Also auch wenn es hier vergleichsweise warm ist, 7 °C, dann sitze ich doch lieber drinnen, zumal die Einrichtung wirklich sehr schön ist. Keine Ahnung was hier früher mal drin war, an der Wand stehen ein paar Bilder, die wohl die alten Tage zeigen. Das Piccolo Mondo ist auf jeden Fall eine Empfehlung, sowohl vom Ambiente als auch vom Essen. Ende Einschub.
Die Grenze Norge/Sverige passiert man ohne Kontrolle, man darf die Autobahn an der Stelle sogar mit 70 km/h befahren. Wie ich ja schon einmal feststellen musste, ist das umgekehrt ganz anders. Was sind die Norweger nur so misstrauisch?
Zum Mittagessen heute doch mal was Anständiges, Halt an einer Raststätte und zur Stärkung gibt es ein Shrimpsbrot, das hier aber ganz anders heißt und echt ein Zungenbrecher ist. Ich muss später noch mal auf die Quittung schauen (es nennt sich "Räksmörgås"). Klar, die absolute Königsklasse dieses Gerichts gibt es auf den Hurtigruten-Schiffen im Bistro-Bereich, gleich gefolgt vom Hotel Frykenstrand. Dann kommt alles andere.
Malmö ist schon fast erreicht, plötzlich sehe ich in der Ferne nur noch rote Rücklichter, eieiei, ein Stau, das wäre jetzt gerade noch etwas was mir fehlt. Zum Glück geht es schnell voran. Es folgt mir ein Schwede der den Blinker gesetzt hat, aber es gibt gar keine Abfahrt. Der Schwede blinkt hartnäckig. Es kommt eine Abfahrt, der Schwede biegt nicht ab, er blinkt weiter. Ich warte eine Situation ab, wo im Rückspiegel sonst kein Fahrzeug zu sehen ist, ich blinke wie wild rechts und links, keine Reaktion. Die Situation wiederholt sich mehrfach, der Schwede ist renitent. Ich fahre links rüber, der Schwede fährt rechts ohne zu zucken flott vorbei. Ich schere wieder nach rechts und gebe ihm Lichthupe, null Reaktion. Also ich habe es versucht, aber hat nix gefruchtet.
Am Hotel in Malmö sind am Straßenrand noch schöne Parkplätze frei, bis 20 Uhr muss man noch blechen, dann ist es bis morgen früh für umme.
Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass ich in ganz Skandinavien keine einzige Krone in cash gezahlt habe? Alles per Kreditkarte, und wer jetzt denkt, das sei die moderne Art zu zahlen, nein, das ist es nicht, das ist nämlich die Steinzeitmethode, die Bargeld-Variante ist übrigens die Dinosaurier-Variante, die ist nämlich ausgestorben. Wirklich auf der Höhe der Zeit zahlt man hier logischerweise per „App“. Wobei ich schon vor einigen Jahren in einem Bericht gesehen habe, wie die weitere Zukunft in Bezug aufs Bezahlen aussieht, nämlich per (in der Hand) implantiertem Chip, das ist kein Witz. Ich sehe mich schon in 10 Jahren in Sverige mit der Kreditkarte wedeln und es heißt, „Keine Kreditkarte mehr akzeptiert“. Da gebe ich Brief und Siegel drauf, das wird kommen, wenn es nicht 10 Jahre dauert, dann eben 20. Fragt mich doch der Kellner, als ich die Rechnung verlange, „cash or card“? Ja ich werde verrückt, für so ein paar „verstrahlte“ Ausländer nehmen die echt noch physikalisches Geld an? Hammer. Ich zahle per Karte, habe ja auch nix anderes.
Da mein Tablet spinnt und es kein WLAN mehr findet kriege ich die darauf getippten Texte aber nur noch per USB-Stick auf mein Notebook. Also hole ich mir den Stick im Auto wo die Musik drauf ist. Und ich glaube mich tritt ein Pferd, da hängt ein „Ticket“ an meiner Windschutzscheibe. Ja „Hallo“ sind die blöd? Ich habe 50 SEK dafür abgedrückt und jetzt verlangen die 600 SEK Strafe, trotz gezahltem Ticket. Mir platzt der Kragen. Dabei hat das Knollenmenschlein auch noch ein falsches Nummernschild angegeben. Boah, ich habe echt soooo einen Hals. Erste Reaktion, das zahle ich nicht. Das dumme ist, man bekommt an dem Drecksautomat standardmäßig kein Papierbeleg, man kann ihn sich per Mail schicken lassen. Aber ich gebe doch an so einem bescheuerten Automat nicht meine Mail-Adresse ein. Genau damit rechnen diese Abzocker wohl. Die Halsschlagader pocht immer noch. Also wenn ich was falsch gemacht habe, bitte, dann zahle ich, aber so was hier kann ich gar nicht leiden. So eine Aktion verhunzt einem noch den ganzen Abend/Urlaub.
Di 15.03.2022 Malmö – Öresundbrücke – Rødbyhavn – – Puttgarden – Hahnstätten
„Alles hat mal ein Ende“
Auch die schönste Reise. Aber wie heißt es so schön, nach der Reise ist vor der Reise.
Die Erlebnisse als Hörbuch