Fr 24.01.2020 Hahnstätten – Hjørring
„Langer Weg – Gute Fahrt“
Da waren alle meine Befürchtungen, dass eine Fahrt an einem Freitag das blanke Chaos wäre, völlig unbegründet. Bis auf eine kleine Stockung auf der [A45] gab es absolut keine Störungen. Selbst der gefürchtete Elbtunnel war ein Klacks. Wobei in der Gegenrichtung ein üppiger Stau zu beobachten war. Wenn man gewollt hätte, dann wäre auf vielen Streckenabschnitten eine flotte Fahrt möglich gewesen. Aber es soll auf jeden Fall gemütlich los gehen, deshalb Tempomat auf 108 km/h. Unterwegs hatte ich mir überlegt, warum nach der Ankunft – und einer schon schlauchenden Fahrt – noch mal in die Stadt fahren, schließlich hat der Hjørring Kro ja auch ein Restaurant. Und so habe ich es dann auch gemacht. Schon beim Einchecken gegen 19 Uhr gefragt, ob man noch etwas zu essen bekommen kann, ja kann man. Also, nicht lange gefackelt und bestellt. Bilder von heute gibt es keine.
Sa 25.01.2020 Hjørring – Hirtshals – – Kristiansand – Vågsli – „Eiskalt“
Sehr leckeres Frühstück im Hjørring Kro. Das gibt es zwar erst ab 8 Uhr, aber heute hatte ich ja keine Eile, die Fähre fährt erst um 12:15 Uhr, und von der Unterkunft nach Hirtshals ist es nicht weit. Auf der Fahrt hatte ich mir überlegt, ob es nicht sinnvoller gewesen wäre etwa in Aalborg zu übernachten und damit am ersten Tag nicht so eine lange Anfahrt zu haben, denn zur Fähre hat man dann immer noch genügend Zeit. Sollte ich fahrtechnisch noch mal so verfahren, werde ich das in Betracht ziehen.
In Hirtshals habe ich gleich den Weg zu einem Parkplatz („Parkplatz an den Steilklippen“) gefunden, der unmittelbar an der Klippe liegt, um sowohl zum „Hirtshals Fyr“ als auch in den Hafen zu Fuß zu gelangen. Kaum war ich ausgestiegen sah ich sich zwei Dinge in den Fluten am Strand bewegen und dachte was ist das denn? Sofort die Kamera gezückt und ran gezoomt, doch, tatsächlich, da waren zwei Wagemutige im Wasser. Also, ich fürchte mich nicht vor -30 °C, aber bitte schön, dann doch warm eingepackt.
Bin dann durch die alten Bunkeranlagen rund um das „Hirtshals Fyr“ gelaufen. Die Anlagen sehen quasi aus wie neu, große Teile des Betons könnten auch letztes Jahr gegossen worden sein. Alleine das Eisen an Türen ist aufgequollen und stark in Mitleidenschaft gezogen. Das „Hirtshals Fyr“ ist geschlossen.
Ich hatte kurz überlegt, ob ich vom Parkplatz ins Zentrum mit dem Auto fahre, aber nein, ein paar Meter an der frischen Luft wären wohl sinnvoller, aber so arg viel Zeit hatte ich auch nicht mehr, also dann forschen Schrittes weiter. Man läuft an einer Kaimauer entlang, mit Blick auf den Strand und das Meer und plötzlich sehe ich da einen Fuchs laufen. Ein richtig großer Brocken. Ich gehe weiter, plötzlich höre ich hinter mir ein Auto, ich husche zur Seite und Blicke auf den Fahrer, er kurbelt das Fenster runter und murmelt etwas auf Dänisch, ich verstehe nur Bahnhof, außer „rev“, im norwegischen heißt das: „Fuchs“. Ich nicke heftig und zeige in Richtung wo er Sekunden vorher auf der Kaimauer saß. Der Fahrer hält an, steigt aus, ich blicke über die Mauer und der Fuchs sitzt tatsächlich auf den großen Steinen der Hafenbefestigung. Ich zücke noch mal die Kamera.
Dann eiligen Schrittes zurück zum Wagen. Der anschließende Versuch in die Nähe der WebCam zu gelangen die einen Teil des Hafens zeigt scheitert daran, dass dieser für die Öffentlichkeit gesperrt ist. Also dann doch weiter zum CheckIn. Die Fachkraft im Häuschen spricht mich gleich mit Namen an, war mir ja auch letztes Jahr schon so in Kristiansand so gegangen. Die scannen also das Nummernschild und wissen gleich Bescheid, moderne Technik halt. Man steht dann in der Schlange und wartet. Das Schiff kommt und parkt flott ein. Es entlädt sich schon ein großer Schwall an Fahrzeugen. Ich frage mich, wo zum Henker fahren all die Norweger nur hin? Die haben doch zu Hause alles was man braucht.
Die Überfahrt verläuft sehr ruhig, das was der Kapitän während des Auslaufens gesprochen hat war kaum verständlich, auch nicht das was er auf Englisch gesprochen hat. Wenn ich es richtig gesehen habe, dann legte das Schiff schon wieder deutlich vor der offiziellen Zeit ab.
Pünktliche Ankunft in Kristiansand. Es geht zügig vom Schiff runter, und dann, ja, dann kommt ja noch der inquisitorische norwegische Zoll. Aber er war mal wieder gnädig.
Es nieselte leicht, das Außenthermometer zeigt +7 °C, was auch daran liegen konnte, dass es noch etwas erwärmt vom Schiff war. Es dauerte etwas, bis es auf +5 °C sank. Bei der Marke blieb es lange stehen. Irgendwann dann +4 °C. Im Prinzip gestaltet sich die Fahrt von Kristiansand auf der [9] stetig aufwärts, von Meereshöhe bis zu einem höchsten Punkt auf ca. 900 m. Es war sehr lange Zeit alles grün in der Landschaft, nicht ein einziger Schneerest war zu sehen, nirgends. Schon am Morgen hatte ich mir die Wettervorhersage angeschaut, die Aussichten für Vågsli lagen bei +5 °C als Höchsttemperatur.
Der Vorteil war natürlich, dass man so sehr flott fahren konnte, immerhin ist die Strecke sehr kurvenreich. Ich weiß gar nicht wie lange es gedauert hatte bis man endlich mal ein paar kümmerliche Schneereste in der Landschaft sah, ich war sicherlich schon bald zwei Stunden unterwegs. Um es kurz zu machen, die niedrigste Temperatur auf dem höchsten Streckenabschnitt (900 Meter ü.d.M.) heute lag bei +1 °C. Nur auf den ganz hoch liegenden Straßen lag noch ein Gemisch aus Schnee und Eis. In Hovden strahlten Flutlichter ein paar Abfahrtshänge an. Keine Ahnung, ob da noch jemand die Piste runter wedelte.
Bei der Anfahrt ans Hotel hätte ich mich beinahe noch vertan, weil es nur kurz vorher eine andere Unterkunft gibt, die sehr ähnlich gelegen ist. Bin aber dann doch gleich wieder auf die Straße zurück und dann an der richtigen Stelle gelandet. An der Rezeption dann mein Sprüchelchen auf Norwegisch, dass ich eine Reservierung habe. Die Rezeptionistin schaut argwöhnisch auf ihren Bildschirm und sagt dann, dass sie keine Reservierung habe. Sonst habe ich zu der Gelegenheit immer meine ausgedruckte Buchungsbestätigung zur Hand, die ich noch nie gebraucht habe, dieses Mal lag sie noch im Auto. Also wieder über den total vereisten Parkplatz und die Unterlagen geholt. Ach ja, da hätte sie einen „feil“ (Fehler) gemacht und am falschen Tag geguckt. Na da bin ich aber beruhigt, auch wenn es mir nicht so erschien, als ob das Haus nun ausgebucht gewesen wäre.
Ja, und was zu essen wollte ich auch noch haben. Sie vermeldete dann was es als Tagesgericht gebe, „suppe“ und „hjort“, also eine Suppe (welche auch immer) und Hirsch. Das ist gebongt. Hmm, die Suppe war wirklich sehr lecker, mit frischen Steinpilzen, wenn ich das als Nichtkenner so sagen kann. Und der Hirsch kam mit einem Gemüsebett darunter, plus Brokkoli, Blumenkohl, Kartoffel, Kartoffelpüree und Preiselbeeren. Der Wunsch anschließend noch einen Espresso zu nehmen wurde abschlägig quittiert, es gäbe nur ordinären Kaffee. Nö, „nei, takk“ (nein danke). Was der Spaß kostet sehe ich morgen auf der Abrechnung wenn ich das Zimmer bezahle.
So 26.01.2020 Vågsli – Bergen – „MS Polarlys“
„Lernstunde“
Auch heute wieder erst ab 8 Uhr Frühstück, aber es war ja keine Eile angesagt. Selbst die lange Strecke über die Hardangerbrua beträgt nur ca. 280 km. Temperaturmäßig konnte es nicht arg kälter gewesen sein, draußen sah man, dass der Balkon nass war. Bei der Abfahrt war es noch nicht ganz hell. Das Hotel liegt, zumindest laut Navi, auf ca. 800 m ü. d. M., also ging es zumindest heute noch ca. 200 Höhenmeter nach oben. Beim Start waren es draußen +1 °C, wie gestern Abend auch schon. Kälter als 0 °C wurde es heute nicht mehr und nur auf ein paar Kilometern lag Schnee auf der Straße, sonst nur komplett geräumte Straßen.
Ab Odda dann also östlich am Hardangerfjord entlang, die Straße kannte ich noch nicht. Sie ist deutlich kurvenreicher und schmäler als die Westuferstraße. Bevor es dann über die Hardangerbrua ging bin ich noch mal kurz von der Straße abgebogen, mitten an einem Kreisel im Tunnel und habe einen Parkplatz angesteuert. Von dort aus ging es am Hang einen Weg nach unten, immer die Brücke im Blick. Im Moment habe ich die Zahlen nicht im Kopf, aber sie ist glaube ich kürzer als die Hålogalandsbrua. Aber definitiv nicht minder imposant. Auf der Brücke hat es nicht nur zwei Fahrspuren für Fahrzeuge sondern auch einen richtig breiten Weg für Fußgänger und Fahrradfahrer. Der Weg den ich entlang lief führte direkt in den Tunnel hinein, der dann unmittelbar auf die Brücke übergeht. Es war mehr oder weniger windstill und somit überhaupt kein Problem sich auf der Brücke aufzuhalten. So etwa 1/3 der Strecke über die Brücke bin ich wohl gelaufen, es fing an zu regnen. Aber so schnell wie es anfing hörte es auch wieder auf.
Dann weiter in Richtung Bergen, das Navi schlug die Strecke über Voss vor, aber ich wählte den Weg über Norheimsund. Kurz nach Norheimsund liegt der Steinsdalsfossen. Dieses Mal ohne Eis und Schnee, also habe ich doch mal angehalten und bin vom Parkplatz aus hin gelaufen. Der Wasserfall sprudelte recht heftig. Kurz hinter dem Fall steigt die Straße ja noch mal ordentlich an. Die Strecke bin ich ja schon zweimal gefahren, in umgekehrter Richtung. Speziell die zweite Fahrt war heftig, da lag so viel Schnee, selbst in Norheimsund auf Meereshöhe, dass es nicht möglich war überhaupt auf den Parkplatz für den Steinsdalsfossen zu gelangen. Mit meiner flachen Flunder setzte ich gleich auf und war froh wieder auf die Straße zurück zu kommen. Heute, wie gesagt, alles grün, kein Krümel Schnee, nicht mal Reste.
Am Furedalen skicenter Parkplatz (ungefähr 450 m ü. d. M.) war auch nur noch wenig Schnee zu sehen. In dem Skigebiet dürfte es wohl Essig gewesen sein Ski zu fahren.
Wie sollte es anders sein, in Bergen schüttete es heftig. Das Auto habe ich am Hurtigrutenterminal geparkt, auf einer Spur die dafür ausgeschildert war. Von dort aus bin ich ins Zentrum gelaufen. Wo das Ridderen lag hatte ich noch im Kopf und bin schnurstracks dort hin. Aber es hatte noch geschlossen, es öffnete erst gegen 16:30 Uhr. Ich hatte mir das ja schon vorher auf Google Streetview angeschaut und es war kaum auszumachen. So von der Straßenseite aus sah das alles irgendwie nicht wirklich einladend aus, etwas versteckt und unscheinbar. Aber es hatte durchaus großartige Rezensionen. An die andere Empfehlung aus dem Forum erinnerte ich mich nicht mehr und musste erst mal nachschauen. Ja, klar, „Bryggeloftet & Stuene“, es liegt in unmittelbarer Nähe, bei der Bryggen. Die Karte sah gut aus und es hatte auch offen. Es war, ob der Zeit, recht leer. Ich wurde platziert und bekam die Karte. Nun komme ich zum ersten Punkt den ich heute gelernt habe. Ich habe in meinem Leben noch keine zwei Leute, am Nachbartisch, so heftig schmatzen hörbar essen gehört wie diese beiden. Hammerhart.
Das bestellte Essen war großartig, Danke dafür für den Tipp aus dem Forum. Nun war ja immer noch ewig Zeit, und ein Øl wäre ganz nett. Dummerweise hatte ich mir die Tipps für Kneipen nicht notiert. Also dann noch mal durch ein paar Schauer gelaufen. Gelandet bin ich dann im Pingudingens (Pingvinen) [1], der genaue Name ist mir gerade entfallen. Auf jeden Fall gab es da ein Austmann IPA, das mir ja auch empfohlen wurde, es kommt von einer Brauerei aus Trondheim. Und wieder ein Treffer, sehr lecker das Bräu. Und hier gab es wieder etwas zu lernen. Beim Blick auf die beiden Türen für die „Örtchen“ dachte ich mir nur, was ist das denn für eine Diskriminierung, die Tür für die „boys“ war deutlich schmäler als für die „ladies“. Des Rätselslösung, die Jungs dürfen hier nur kleine Geschäfte erledigen, der gesamte Raum war nicht größer als eine aufgeklappte große Tageszeitung.
„En Øl til“, zu 98 NOK für 0,3 l, aber es war lecker. Dann zurück zum Terminal. Einchecken. Die junge Dame am Schalter spricht Deutsch, ist Deutsche. Sie meint, ich solle mit dem Borden des Autos noch bis ca. 19:30 Uhr warten, sie hätten heute 13 Fahrzeuge an Bord und es könnte sonst Stunden dauern, bis man dann vom Schiff runter käme, wenn man falsch geparkt sei. Ich gebe ihr da prinzipiell Recht, aber stundenlang, nun. Hinter mir stand nur noch ein weiteres Auto. Der Fahrer stieg aus und wir sind ins Gespräch gekommen. Er sprach ein paar Brocken Deutsch, wir haben uns dann aber doch lieber auf Englisch unterhalten. Ja, die Reifen auf meiner Kiste seien ja gut, sagte er. Das beruhigt mich etwas, täuscht aber nicht darüber hinweg, dass die Karre einfach zu niedrig liegt und leicht aufsitzen kann oder schlicht die „Schlappen“ zu breit sind. Er fragte noch wo ich hin will, ich sagte bis Ålesund und dann weiter bis Trondheim und Tromsø. Hmm, da wäre heute auf der Strecke über das Saltfjellet aber der Teufel los gewesen, sagte er. Ja, das hatte ich schon per Zufall auf einem Monitor auf dem Schiff gesehen, wobei für mich nicht ersichtlich war, um welche Strecke es sich handelt. Die Strecke war wohl für mehrere Stunden gesperrt. Das hatte ich ja schon die letzten 1-2 Wochen mehrfach auf der WebCam beobachtet. Dumm ist nur, dass das eine sehr lange Tour wird, ca. 800 km, also wenn da die Straße mehrere Stunden gesperrt wäre, wäre nicht so prickelnd. In Trondheim muss ich auf jeden Fall spätestens 7 Uhr auf die Piste. Und dann, wird schon werden.
Bin dann erst mal mit meinem Gepäck so auf das Schiff und habe die Kabine bezogen. Das erste Mal überhaupt habe ich mir die Sicherheitsbelehrung angeschaut, die so ja nur in Bergen gezeigt wird. Sie ist obligatorisch, so die Ansage. Und, ja, nach dem Abspielen des Videos wurde die Kabinennummer notiert.
Mittlerweile ist es echt eine Zumutung auf dem Panoramadeck eines Hurtigruten-Schiffes. Kaum ein Passagier der kein Smartphone in Betrieb hat wo es nicht pausenlos pömpt und schnarrt, f-ü-r-c-h-t-e-r-l-i-c-h. Und das Schlimme ist, das sind ja keine 14-jährigen Kids sondern ältere gesetzte Herrschaften. Ob die auch wissen, dass wenn sie auf dem offenen Meer sind irgendwann im Netz des Schiffs landen könnten und dann heftige Gebühren auflaufen? Ich erinnere mich, dass ich mal vor Jahren einen Internetzugang auf einem Hurtigruten-Schiff noch für „umme“ bekam. Und das funktionierte nicht nur in den Häfen. Mir war nie klar, wie das finanziell funktioniert. Heutzutage kostet der Zugang zum Internet eine Gebühr, bin mir nicht sicher, wie viel. Aber es geht auch mal ohne.
Was mir ehrlich gesagt auch auf den Wecker geht ist, dass wenn man an der Bar ein Bier bestellt (oder einen Kaffee oder etwas zu essen im Bistro), die immer die Bordkarte haben wollen, was soll der Mist? Und ein weiterer Gast an der Bar machte eine Bemerkung darüber, dass man ja wohl heute kaum noch mit physischem Geld bezahlt. Ich meinte darauf hin nur: „Jeg kommer fra tyskland!“. Mir geht der ganze elektronische Zahlungs-Mist echt auf die Nerven.
Mittlerweile ist es knapp 23 Uhr. Ich sitze auf Deck 7. Es hat sich gelehrt und ist ruhiger geworden. Es steht noch ein halbes Øl zum Verzehr bereit. Marke: Mack, dunkel (mørk). Die gespielte Musik war ganz nett. Mal sehen wie die Überfahrt so wird, noch schützen vorgelagerte Inseln etwas. Nächster Halt ist Florø um 03:30 Uhr. Und gerade wo ich das schreibe fängt das Schiff an zu schaukeln.
1 Nachtrag 18.03.2020: Auf der Homepage von Pingvinen sehe ich, dass die mit foodora kooperieren. Tja, sorry Leute, euch werde ich keinen Besuch mehr abstatten. Unternehmen die solche ausbeuterischen Dienste wie foodora, Deliveroo, Airbnb oder uber unterstützen werden von mir ignoriert. In meinen Augen sind das moderne Sklaventreiber die ihre, tja, was denn eigentlich, es sind ja gar keine Mitarbeiter sondern freelancer, ausbeuten, ein absoluter Dorn im Auge. Leute, wenn ihr solche ausbeuterischen Systeme unterstützt dann spart ihr vielleicht auf den ersten Blick ein paar Kröten, aber mittel- und langfristig wird sich das rächen.
Mo 27.01.2020 – Ålesund – Trondheim
„Die Spannung steigt“
Die Überfahrt war dann doch insgesamt recht ruhig, aber trotzdem war nach irgendeinem Hafenaufenthalt Ende mit der Nachtruhe. Beim Frühstück war erwartungsgemäß schon einiges los, aber es war kein Problem ein Plätzchen zu finden. So langsam wurde es auch hell draußen. Der Aufenthalt in Torvik ist nur kurz, beim Ablegemanöver war schon klar, dass das mit der geplanten Ankunft in Ålesund nix werden wird. Eine Ansage bestätigte das dann auch, Ankunft statt 09:45 Uhr dann 10:10, naja, damit kann ich leben.
Temperatur soll +10 °C gewesen sein, was aber sicher daran lag, dass das Auto noch vom Schiff angewärmt war. Fahrt durch zwei Tunnel auf die Insel Vigra. Von einem Schiffsanleger aus hatte man freie Sicht auf Ålesund. Das Wetter war trüb, aber die Sicht war doch gut.
Tankstopp in Åndalsnes, für die Reisschüssel mal wieder 98er Saft und für den Fahrer einen großen Kaffee und ein „Stückchen“. Es war auf Meereshöhe immer noch alles grün, nur Berge in der Ferne waren schneebedeckt, Temperatur weiterhin um die +5 °C. Von Åndalsnes aus steigt die Straße stetig an, es lag dort schon ordentlich Schnee, aber doch sichtbar von der Wärme angefressen. Sich Dombås nähernd sah man es etwas schneien. Wenn man Dombås verlässt steigt die [E6] zügig an, über 800 m ü. d. M. sind schnell erreicht.
Man erreicht dann flott die Hochebene, es schneit ganz fein, der Schnee bleibt liegen, es bildet sich aber nur eine hauchdünne Schicht. Die Sicht ist immer noch gut.
Kurz bevor es dann nach dem Dovrefjell wieder runter geht, fiel doch das Thermometer tatsächlich für ein paar Sekunden auf -1 °C. In Oppdal war es dann wieder leicht über dem Gefrierpunkt, aber plötzlich änderte sich die Landschaft noch mal, die Bäume waren voll mit Schnee und die Temperatur ging noch mal auf -1 °C runter, obwohl es ja auch nach Oppdal immer weiter in Richtung Meereshöhe geht. Je näher man Trondheim kam, desto mehr verschwand sämtlicher Schnee aus der Landschaft. Die Verkehrsführung (für den Individualverkehr) in Trondheim wird von Mal zu Mal komplizierter. Es hat schon immer viele Einbahnstraßen, und eine Spur ist oft komplett für Busse und Taxis gesperrt. Dann kam noch dazu, dass eine Straße die man früher benutzen konnte nun zur Einbahnstraße umfunktioniert wurde und eine alternative Zufahrt zum Hotel durch Baustelle versperrt war. Mit viel Rumgurkerei bin ich doch noch in die Straße mit dem Hotel gekommen. Dort hatte es zum Glück auch noch einige Parkplätze, die bis 20 Uhr zu blechen sind, dann frei über Nacht bis 8 Uhr am Morgen.
Dann wieder zu Fuß los, der Magen knurrte etwas. Das „Ravnkloa“ hat ja abends gar nicht geöffnet, stellte ich fest. Dann also zum „To Rom og Kjøkken“. Ja, die Speisekarte las sich gut, aber das sah mir zu elitär da drin aus. Also wieder zurück ins Zentrum und dann ins „Frati“, auch eine Empfehlung aus dem Forum. Sah ziemlich voll aus, aber für mich war noch ein Plätzchen frei. Die Bedienung sprach kein Norwegisch, schon mal gut, dann etwas bequemer auf Englisch. „Prosciutto“ mit Parmaschinken und Parmesan als Vorspeise, sehr lecker, dann eine Pizza „Napoli“, auch absolut empfehlenswert. Dazu ein Glas Pinot grigio (bei uns war das früher Mal ein „Ruländer“, neudeutsch „Grauer Burgunder“). Rund 41 € hat der Spaß gekostet. Für eine Fahrt zu „Austmann Bryggeri & TapRoom“ mit dem Bus hatte ich dann keine Lust mehr. a) „Bier auf Wein, dass lass sein!“, b) steht morgen eine spannende und lange Fahrt bevor. c) habe ich ja noch eine Flasche (0,5) Kerner Auslese 2015 vom Niebelungenhof im Kofferraum liegen. Der ist schon etwas angekühlt und den Rest erledigt der Kühlschrank der auf dem Zimmer steht. Skål.
Di 28.01.2020 Trondheim – Polarkreis – Storjord i Tysfjord
„Verzögerung“
Start in Trondheim ca. 06:30 Uhr. Es läuft alles wie am Schnürchen. Bis zum Saltfjellet ist es allerdings ein ganz schönes Stück zu fahren, will meinen, irgendwas um die 500 km. Das Wetter ist prächtig, unvorstellbar das das Saltfjellet gesperrt sein könnte. Kilometer um Kilometer wird runter gespult. Nach Mosjøen lasse ich ein paar Autos überholen. Plötzlich sehe ich in der Ferne mehrere Fahrzeuge bremsen. Es hat sich schon eine Schlange gebildet. Das Auto das ich hatte gerade erst passieren lassen war vor mir. Es stand noch nicht richtig, da ging auch schon der Warnblinker an und eine Frau stieg aus, setzte sich eine Kappe auf, hatte einen großen Fotoapparat umhängen und schritt forschen Schrittes in Richtung der vermuteten Ursache des Problems. Vorgreifend hier die Schilderung wo das war. „Ulykken skal ha skjedd i nærheten av krysset mellom Fylkesvei [78] og [E6]. Veien er sperret, og det er en del kø på stedet.“ (Der Unfall muss in der Nähe der Kreuzung der Landstraße 78 und der [E6] passiert sein. Die Straße ist blockiert und es gibt eine Warteschlange vor Ort.)
Nicht lange nach meiner Ankunft „stoben“ mehrere Einsatzfahrzeuge davon, das was ich sehen konnte waren Feuerwehrfahrzeuge. Dann kam die Frau zurück, sie war schon am Auto, blickte in meine Richtung, nickte kurz und kam dann auf mich zu, mein Nummernschild wohl registrierend. Ich öffnete die Tür und sie fragte, ob ich einen Film drehe (das was ihrem scharfen Blick nicht entgangen war, war die Kamera auf dem Stativ auf der Beifahrerseite). Ich meinte, ja, das auch. Im folgenden Gespräch schilderte ich kurz den Zweck der Reise. Na, das wäre ja eine coole Sache, meinte sie. Ob man das auch irgendwo sehen könnte. Ich überlegte kurz und gab ihr dann die Seite wo alle Reisen zu sehen sind. Es dauerte etwas, bis wir die richtige Adresse in ihr Smartphone eingegeben hatten. Sie schoss dann noch ein paar Bilder und meinte sie könnte ja nach meiner Rückkehr ein Interview machen. Nun, warum nicht. Ich bat noch darum, dass sie mir doch bitte die geschossenen Bilder schickt. Und unsere Wege trennten sich. Der Stau hatte sich mittlerweile schon aufgelöst und die Autos brausten schon an uns vorbei.
Irgendwann geht es dann zum Saltfjellet hoch, die Wetterlage ist friedlich, es windet kaum, die Sicht ist klar. Bald ist die Stelle erreicht wo die Straße von Sverige auf die [E6] trifft. Und dann auf einmal, eine Schlange, nein, kein Tier, eine Fahrzeugschlange. Den Motor stelle ich gleich aus. Die entscheidende Frage ist, wie lange dauert es bis es weiter geht. Was zwischen dieser ersten Fragestellung passierte und bis sich dann die Kolonne endgültig in Gang setzte würde jetzt zu weit führen. Oder nein, so ein paar Details sollen doch schon sein.
Draußen waren es bei der Ankunft in der Schlange ca. -8 °C. Es dauerte dann nicht lange, da zeigte das Thermometer -12 °C. Völlig klar, dass es da nicht lange dauert, bis die Karre drinnen schnell auskühlt. Zumal draußen schon ein Lüftchen wehte. Aber so wie der Typ hinter mir seinen Rumpellaster die ganze Zeit tuckern lassen, kam für mich nicht in Frage. Zuerst habe ich mir einen Pullover über die Beine gelegt, dann die Fleecejacke angezogen. Nach einer halben Ewigkeit kam etwas Bewegung in die Angelegenheit. Auf der Gegenseite kam die Kolonne von Norden durch. Ich habe nicht gezählt, aber das waren nicht nur ein paar händevoll Fahrzeuge, mehrheitlich waren es LKW. Da ging ich mal davon aus, dass es dann ja wohl kurze Zeit später bei uns losgehen würde. Pustekuchen, da rührte sich nix. Irgendwann doch, die Karawane fuhr an, nein, sie fuhr nicht wirklich los, denn nach ein paar hundert Meter war schon wieder Ende.
Vor mir stand ein LKW. Hinter mir der Kleinlaster. Der Fahrer des Kleinlasters stieg aus und marschierte nach vorn, es wehte ein heftiges Stürmchen. Nach dem er zurückkam, fuhr er an mir vorbei. Ich dachte, weil ich ja nicht sehen konnte, was vor dem LKW war, der LKW würde nicht weiter fahren und folgte dann dem Kleinlaster. Wir überholten ein paar weitere große LKW, deren Fahrer alle noch damit beschäftigt waren Schneeketten aufzuziehen. Aber davor stand die Schlange. Ja wie peinlich ist das denn, der blöde Deutsche mogelt sich an der Schlange vorbei, so Typen kommen mir gerade Recht. Zwischen einer großen Lücke parkte ich wieder ein. Motor wieder aus. Der Kleinlaster kam dann auf der Gegenspur wieder vorbei, der hatte es wohl aufgegeben zu warten und drehte um. Da war er beileibe nicht der Erste, schon eine Menge Fahrzeuge waren mir vorher entgegen gekommen, alles Rückziehende. Nur, für mich war das keine Option. Im Hotel hatte ich schon angerufen und meine Lage geschildert, ja, sie würden wohl auf mich warten, offizielle späteste Ankunftszeit war eigentlich 21 Uhr.
So langsam fröstelte mir doch. Fleecejacke wieder ausziehen, Pullover anziehen, Fleecejacke anziehen, Winterjacke anziehen. Schuhe ausziehen, dicke Wollsocken anziehen, andere Winterschuhe anziehen. Da wird einem alleine schon von den Verrenkungen warm, meine kleine Zigarrenkiste ist ja kein Umkleideraum. Ja, das ist gut, so kann man es eine Weile aushalten. Nur zur Info, es waren mittlerweile gut zwei Stunden vergangen, die Karre gut ausgekühlt.
Man hätte sich ja die Zeit vertreiben können und diesen Bericht schreiben können, aber um an das Tablet zu gelangen hätte ich mir entweder den Hals verdrehen müssen oder, Gott bewahre, raus gehen müssen und den Kofferraum öffnen. Nee, so dringend war das mit dem Zeitvertreib am Tablet nun auch nicht.
Da ich ja nun etwas weiter vorne in der Schlange stand konnte ich direkt die Schranke und das rote Blinklicht sehen. Blink-Blink-Blink-Blink. Das versetzt einen in Trance, die Äuglein fallen zu. Zwischenzeitlich passierten zwei Züge in unmittelbarer Nähe, einer nach Norden, einer nach Süden. Da stellt sich mir die Frage. Warum fahren die im Winter nicht einfach mit ein paar Auto- und LKW-Transportern? Das wäre doch allemal sicherer als stundenlang in der Kolonne zu stehen. Zumal es ja auch vorkommt, dass das Fjell die ganze Nacht gesperrt ist. Von der Pein mal ganz zu schweigen, in der Kälte, bei Sturm und Dunkelheit Schneeketten aufzuziehen, was für LKW-Fahrer Pflicht ist.
Irgendwann sah ich dann wieder weiße Lichter in der Ferne und dachte, da kommt wieder ein Zug aus Richtung Norden, aber nein, da waren gleich noch mehr Lichter zu sehen, das konnte kein Zug sein. Es war eine weitere Kolonne aus dem Norden. Warum wir so lange warten mussten war mir nicht so ganz klar, aber es wird seine Gründe gehabt haben. Z. B. der, dass im Norden deutlich mehr Fahrzeuge standen.
Es war eine lange Schlange aus Norden, sie nahm kein Ende. Kaum war sie durch starteten auch schon vor und hinter mir die Fahrzeuge ihre Motoren, denn, nun war ja klar, jetzt mussten wir ja endlich mal dran sein. Die Schranke öffnete sich, das rote Geblinke hörte auf, an den Kopf der Veranstaltung hatte sich der Schneepflug gesetzt und es passierte, nichts. Doch, die Schranke ging wieder runter und es blinkte. Blink-Blink-Blink-Blink.
Dann, plötzlich, in der Ferne, ein Licht. Ja, wie kann das sein, ein einzelner Nachzügler, das ist ausgeschlossen, alleine darf da keiner fahren. Das Licht kam nur sehr l-a-n-g-s-a-m näher. Was wird das bloß sein? Es war eine Schneefräse, die eine riesige Fontäne in den stürmischen Nachthimmel pustete. Als sie endlich an der Schranke ankam dachte ich, ja, jetzt gleich geht es los. Und es geschah nichts. Außer, dass die Schranke mehrfach hoch und wieder runter ging. Das Blinklicht stoppte und wieder startete.
Dann, endlich – und um jetzt mal die zeitliche Dimension zu nennen – nach ziemlich genau vier Stunden, setzte sich die Kolonne l-a-n-g-s-a-m in Bewegung. Wie lange die Fahrt nun dauern würde, ich hatte keine Ahnung. Der Tross zog mit ca. 30 km/h an und steigerte sich dann auf nie mehr als 40 km/h. Die Straße war zunächst breit geräumt, aber es dauerte nicht lange und links und vor allen Dingen von rechts war eine Menge zugeweht. Ich folgte stoisch dem LKW vor mir. Alle Fahrzeuge hatten die Warnblinker an, was üblich und sehr praktisch ist. An ein paar Stellen sah ich den LKW vor mir kaum noch. Die eigentliche Kolonnenfahrt endete nach ca. 21 Kilometern, ich war froh drum. Aber das war ja noch nicht das Ende der Tour. So irgendwas um die knapp 300 Kilometer hatte ich noch vor mir. Tief durchatmen. Die Prognose des Navis bzgl. der Ankunftszeit muss man gedanklich ausblenden, sonst wird man kirre. Meine Prognose war Mitternacht. Kurz vor Fauske stellte ich fest, dass ich mit der Tankfüllung nicht mehr bis zum Ziel komme, was auch daran lag, dass man einige Kilometer nach dem Saltfjellet eine gut befahrbare Straße vorfindet die in langen Zügen verläuft und auf der man auch offiziell 90 km/h fahren darf. Also, in Fauske noch mal getankt und im Hotel Bescheid gegeben, dass es wohl Mitternacht werden wird. Da kam natürlich keine Begeisterung auf, aber das klappt schon, meinte der Rezeptionist. Schon mal vielen Dank dafür. Was dann weiter folgte war eine recht flotte Fahrt durch die Nacht, die Straßen sind praktisch komplett leer.
Wann war ich dann am Hotel angekommen? Genau, mehr oder weniger Punkt Mitternacht. Navi, <Pfffffff>. Aussteigen, kurzer Blick in den Himmel, Polarlichter, ahhhhh, wie genial.
Eigentlich müde, aber aufgedreht doch noch mal das Notebook angeworfen und gesucht, ob es etwas zum Unfall in Mosjøen zu lesen gibt. Ja, hier. Die Reporterin vor Ort war Lena Knutli. Gerade wollte ich das Notebook schon runter fahren, da kam noch eine Mail rein. Sie hatte mir zwei Bilder gesendet. Sehr nett! Tusen takk.
Mi 29.01.2020 Storjord i Tysfjord – Bognes – – Skarberget – Tromsø
„Zum dahin schmelzen“
Beinahe hätte ich die Fähre noch verpasst. Als ich am Pier ankam lag sie schon da, die Fahrzeuge fuhren gerade runter. Ein Fahrzeug blieb stehen, es rührte sich nicht. Es war ein Bus. Vielleicht wartete er noch auf einen Passagier. Klar, bevor die Fähre nicht leer ist, können die neuen Fahrzeuge nicht auffahren. Irgendwann drückte aber wohl der Zeitplan.
Schon die Überfahrt von Bognes nach Skarberget war ein Erlebnis. Absolut klarer Himmel und glasklarer Blick, die Lofoten schienen zum Greifen nahe. Nach nur wenigen Kilometern nachdem die Fähre in Skarberget angelegt hatte nutzte ich die Gelegenheit anzuhalten und noch mal in Ruhe Bilder zu schießen. Das sollte sich noch sehr häufig wiederholen.
Hinter jeder Biegung gab es wieder etwas Neues zu sehen. Da war die Aktion gestern am Saltfjellet schnell vergessen. Durch die vielen Stopps verging die Zeit wie im Flug. Langsam setzte dann auch die Dämmerung ein, was besonders bei solch klaren Wetterverhältnissen ein Traum ist, setzt dann dazu noch passende klassische Musik ein ist das Erlebnis perfekt.
In Tromsø habe ich es dieses Mal wirklich geschafft am ersten großen Kreisel die richtige Ausfahrt zu nehmen und über die Tromsøbrua auf die Insel zu gelangen. Der kürzere Weg wäre zwar nach der Brücke am Kreisel links durchs Zentrum zu fahren, aber das würde ob der vielen Ampeln wohl deutlich länger dauern. Also immer dem Navi nach, das einen in den Stadttunnel führt, der hat unterwegs ein paar Abzweige die dann ins Zentrum führen, mich spuckt der Tunnel am anderen Ende wieder aus, am „Polaria“. Von dort ist es nicht mehr weit bis zur Unterkunft. Am Seeufer wird noch immer gebaut, das geht jetzt schon viele Jahre so, aber es scheint eine Ende in Sicht, freie Flächen gibt es keine mehr. Gebaut wurden Wohnungen, Bürogebäude und Geschäfte.
An der Rezeption saß wieder der junge Mann den ich schon häufiger dort beim Ein- oder Auschecken antraf. Er meinte auch, willkommen zurück. 😎 Das Sydspissen Hotel könnte mittlerweile die Unterkunft sein, wo ich am häufigsten genächtigt habe, es dürften bald 10 Übernachtungen werden.
Ich war ja doch schon recht früh angekommen, irgendwas vor 18 Uhr. Den angepeilten Bus für in die Stadt habe ich dann um vielleicht 15 Sekunden verpasst. Macht nix, der Nächste kommt eine viertel Stunde später, Gelegenheit 2-3 Stationen in Richtung Stadt zu laufen, da muss man nicht frösteln und kann mal die eingerosteten Hufe schwingen.
Im besten mir zur Verfügung stehendem Norwegisch habe ich dann nach einem „enkelt bilet på sentrum“ (einfacher Fahrschein ins Zentrum) nachgefragt. Der Busfahrer guckte mich an und murmelte etwas in den nicht vorhandenen Bart. Verstanden hatte ich nicht ein einziges Wort. Ich finde so was immer Schade, da versucht sich der Ausländer redlich in der Landessprache und dann bekommt man eine dahin genuschelte Antwort zurück. Ich habe dann auf Englisch gefragt. So richtig war nicht zu erfahren was sein Problem war, evtl. weil es eine Haltestelle „Zentrum“ nicht gibt, aber das müsste wurscht sein, weil die Tickets ja nicht von Haltestelle zu Haltestelle berechnet werden. Er hat mir dann 50 NOK abgeknöpft und war zufrieden. Immerhin kann man noch mit Cash bezahlen, bin mal gespannt, wann sie das einstellen. Allerdings kostet so ein „Echtgelt-Ticket“ auch mehr als ein Elektronisches, das hatte ich mal wo gelesen.
In den kürzlich neu angeschafften Bussen hat es jetzt auf allen Sitzplätzen Sicherheitsgurte, ich habe aber keinen gesehen der ihn angelegt hatte. Was mir erst später aufgefallen war, waren kleine Buchsen an fast allen Plätzen leicht blau beleuchtet, es waren USB-Lademöglichkeiten. Was es nicht alles gibt.
Das BlåRock liegt direkt an einer Bushaltestelle, sehr praktisch. Es war ziemlich wenig los. Habe meine Sachen an einem freien Platz abgelegt und bin zur Bar, um meine Bestellung aufzugeben. Ein „Mack Nordlys“ und einen „Elvis Burger“, machte zusammen 248 NOK. Die (junge) Bedienung an der Bar hatte sich mit einer anderen Frau an der Bar unterhalten. Und jetzt zückt der fiese Deutsche einen 500 NOK Schein aus der Tasche und die Barfrau sagt etwas zur anderen Frau, verstanden habe ich es nicht. Aber die Antwort habe ich sehr wohl verstanden, sie lautete „252“. Hat man da noch Töne. Es wäre vermessen zu sagen ich wäre ein großer Kopfrechenkünstler, aber das hätte ich wohl doch gerade noch hin bekommen.
Sorry, aber die Empfehlung, dass man auch im BlåRock ganz gut essen könnte, war ein kompletter Fehlschlag. Der Burger war recht übersichtlich und komplett ohne Beilage, außer einem kleinen Schälchen mit einer Sauce. Da ist mir der EGON doch lieber. Dazu kam, dass es im ersten Stock recht frisch war, nicht sehr einladend. Habe mein Bierchen getrunken und bin von dannen gezogen, weiter ins „Solid“, da gab es zwar kein Mack Nordlys, aber dafür ein auch sehr schmackhaftes dunkles „Haakon“.
Endlich Zeit den Bericht von gestern zu schreiben.
Auf dem Weg zum „Solid“ bin ich an einem Gebäude vorbei gekommen, dass ich so, in dem Zustand, noch nicht wahrgenommen hatte, ich glaube es war früher lange Zeit Baustelle. Nun konnte man von der Fußgängerzonenseite aus in ein Restaurant blicken. Nach dem mageren Burger im BlåRock war ich kurz am Überlegen ob ich noch eine Kleinigkeit nehmen soll, aber nein. In dem Gebäude befindet sich noch ein Café und was weiß ich noch alles, in der Mitte geht ein Fahrstuhl quasi bis in den Himmel, naja, vllt. 4 oder 5 Stockwerke. Ich habe mir jetzt nicht gemerkt wie das Restaurant hieß, aber das lässt sich ja herausfinden, es sah zumindest sehr einladend aus.
Am Nachbartisch im „Solid“ sitzt ein Haufen Hühner, sorry, anders lässt sich das wirklich nicht sagen, die aus dem Lachen gar nicht mehr rauskommen. Was haben die denn geraucht? 😎
Mit dem Bus gegen 22:33 Uhr zurück ins Hotel, die Haltestelle liegt in Sichtweite der Touristeninfo am Hafen. Am Kai lag ein Kreuzfahrtschiff, das erklärte evtl. auch, dass im „Solid“ eine Gruppe Franzosen eingekehrt war. Ich hatte mich schon gefragt wo die wohl herkommen sollten, denn das Hurtigruten Schiff das Mittags anlegt war längst schon wieder weg und das andere kommt erst kurz vor Mitternacht.
Tja, wie sieht es eigentlich nordlichtmäßig so aus, immerhin hatte ich ja auf der Fahrt nach Tromsø schon bemerkt, dass es bei diesem wolkenlosen Himmel beste Bedingungen für Nordlichter hätte. Aber von der Haltestelle aus war absolut nichts zu sehen. Als ich am Hotel war, wo man eine bessere Sicht auf den Himmel hat, ebenfalls nichts. Hmm, genauerer Blick, konzentriert, nein, da ist nix, zefix.
Das Umpacken der ganzen Klamotten habe ich mir gespart, das hat auch noch morgen früh Zeit, mein Flieger geht erst kurz nach Mittag. Zwischendurch noch mal das Nordlicht geprüft, aber da war nix. Ende für heute. Ein genialer Tag.
Do 30.01.2020 Tromsø – – Longyearbyen
„Funk in da house“
Routine beim Aufbruch zum Flughafen. Fast. Auch hier wieder erhebliche Kommunikationsschwierigkeiten mit dem Busfahrer. Ich sagte, ich wolle zum Flughafen. Er murmelte etwas unverständliches, bis ich dann verstand, dass er ja gar nicht bis zum Flughafen fährt und ich unterwegs umsteigen muss. Das war mir natürlich klar. Er meinte dann, das kostet 50 NOK. <zähneknirsch> Im Bus von Giæverbukta zum Flughafen musste ich dann noch mal 50 NOK blechen. Ca. 10 € zusammen, das ist ganz schön happig. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich früher schon mit einer Fahrkarte, und zwar deutlich billiger, die beiden Streckenabschnitte bewältigen konnte. Aber soll ich mich jetzt da mit den Busfahrern anlegen, bringt ja nix. Einchecken am Flughafen ging flott, bei der Security muss man nun mit der Bordkarte zur eigentlichen Sicherheitsüberprüfung durch einen Automaten durch. Wieder Personal eingespart. Arbeitet da in 10 Jahren überhaupt noch einer?
Im Gate war ich unter den Ersten, es war noch gähnend leer, was sich aber ruckzuck änderte. Wie auch in den Jahren davor herrschte bald ein großes Hallo, viele Leute scheinen sich schon dort für den PolarJazz zu treffen. Zum Glück bin ich an der hinteren Treppe am Flieger eingestiegen, mich deuchte der Sitzplatz 30E könnte doch eher im letzten Drittel liegen, es war die drittletzte Reihe. Der Mittelplatz ist undankbar, eingequetscht wie eine Sardine kommt man sich da vor. Der Sitznachbar am Fenster tat so als ob er lesen würde, schlief aber noch vor dem Start ein.
Beim Einchecken im „Radisson Blu Polar Hotel“ meinte der Rezeptionist, „Oh, ein Upgrade von den 'Coal Miners’ Cabins'“. Ja, so ist das. Die Einweisung was man wann wo alles im Hotel machen kann dauerte eine halbe Ewigkeit. Wie ich schon vorher auf der Homepage des Hotels gesehen hatte, hat sich eine Menge verändert. Dort wo 2015 noch die PolarJazz Abende begannen ist jetzt ein Restaurant bzw. der Frühstücksraum. Selbst die „Barentz Pub & Spiseri“ wurde umgebaut. Die neue Außenterrasse ist jetzt zu der Jahreszeit nicht so spannend.
Das Zimmer ist natürlich kein Vergleich zu denen in den „Coal Miners’ Cabins'“, was kein Wunder ist, kostet es hier im „Radisson Blu Polar Hotel“ auch ungefähr doppelt so viel.
Was das „Vorspiel“ bringen würde, ich hatte keine Ahnung. Bis zuletzt war auf der Homepage auch nichts zu lesen. Kurz vor Konzertbeginn traf ich im Kulturhuset ein, im Foyer war nicht all zuviel los, aber im Saal hatten doch schon jede Menge Leute Platz genommen. Wie jemand treffend feststellte, „dette er en sitteplats konsert“, ja, das ist ein Sitzplatz-Konzert. Das Publikum war etwas gesetzteren Alters. Ganz pünktlich ging es nicht los. Festivalchef Lasse S. Hansen sprach ein paar einleitende Worte, was ich verstanden hatte war, dass es nicht einfach war, das Festival wieder auf die Beine zu stellen. Und er an dieser Stelle einer ganz bestimmten Person dankte, ein jüngerer Mann, der auch im Publikum saß.
Was dann folgte war ein Ritt durch vielfältige Musikgenre, involviert waren viele Leute, darunter ein 17-köpfiger Frauenchor, aber auch Solisten. Geboten wurde, was ich mal als norwegisches Liedgut bezeichnen würde, der Vortrag eines Gedichts, begleitet von einem zurückhaltenden Klavier. Der ortsansässige „Store Norske Mandskor“ brachte erst etwas was ich als Bergmannslied bezeichnen würde und dann ging voll die Post ab, es rockte und fetzte, cool.
Ein junges Mädchen sang ein Stück auf Englisch, da blieb einem die Spucke weg, was für eine Stimme und mit einer Coolness und Leichtigkeit vorgetragen, wie wenn sie ihr Leben lang nichts anderen gemacht hätte. Das wurde auch mit tosendem Applaus bedacht. Ein weiteres Highlight war Prince' „Puple Rain“, das Guitarrensolo war göttlich, Szenenapplaus. Und eine andere junge Frau fing an zu singen, da klappte einem einfach nur die Kinnlade runter. Ein Stück von Aretha Franklin („Respect Yourself“), sie sang das mit einer Inbrunst, toll. Leider versagte plötzlich ihr Mikro, sie sang aber unbeirrt weiter. Das neue Mikro gab auch den Geist auf. Das Publikum war komplett aus dem Häuschen. Es rief „ennå“, was ich mal als „Zugabe“ interpretierte. Auch nach der Zugabe tosender Applaus, wohl verdient! Note für das heutige Konzert 10/10.
Fr 31.01.2020 Longyearbyen
„Gelungener Start“
Heute steht die „Tur til isgrotta på Longyearbreen“ („Ice cave tour with snowcat“) auf dem Programm, zwischen 09:00 und 12:00 Uhr.
Hatte ich schon geschrieben, dass die Tour zur Eisgrotte ausfällt? Per Mail hatte ich davon erfahren. Der Grund, nein, der Höhleneingang ist nicht eingestürzt, sondern es liegt zu wenig Schnee auf dem Weg zur Grotte, so dass die Schneeraupen nicht fahren können. Ja zefix aber auch. Eine Alternative soll sein, eine andere Tour zu buchen, die zu Fuß zur Grotte führt. Da mir immer noch nicht klar ist, wo die Grotte eigentlich liegt war mir das zu heikel. Also heute dann doch eine Runde durch die Stadt.
Was für Möglichkeiten hier dem Shopping-Wahn anheim zu verfallen. T-Shirt, Pullover, Kühlschrank-Magnet, super warme Hausschuhe (aus Seehundfell, ist das jetzt ein Frevel?), Rucksack (*), extra warme „lue“ (Mütze). Da rollt der Rubel. Mir graut davor das ganze Zeug in den Flieger zu bugsieren.
(*) Morgen soll es ja mit dem E-Scooter auf Tour gehen und mit meiner „komischen“ offenen Tasche aus Schweizer Armeebeständen wäre das evtl. ungünstig.
Bugge Wesseltoft in der „Svalbard Kirke“, solo. Was wird dabei wohl heraus kommen? Ein paar CDs die ich mir mal von ihm gekauft hatte waren durchaus, „schwierig“. Problemplatten sozusagen, einfach zu sphärisch. Die ersten beiden Lieder gingen etwas in diese Richtung. Was dann folgte war aber umgänglicher. Bei einem Stück setzte er auch Elektronik ein, da bebte durchaus das Gotteshaus. Der Prest (Pastor) ist übrigens eine Sie. Am Abend vorher saß sie im Publikum in unmittelbarer Nähe. Ihr Mann, so zumindest meine Vermutung, war der Sänger der unter anderem Prince' „Purple Rain“ zum Besten gab. Das Publikum war allgemein begeistert von der Vorstellung, ich auch. 10/10 Punkte.
Das Konzert von „The September When“ fängt ja erst um 21 Uhr an, irgendwie plöd, denn das Konzert mit „Stein Stokke & The Engine“ in der Svalbar startet um 22 Uhr. Nicht das ich letzteres Konzert besuchen wollte, aber eigentlich ist das doch eine Fehlplanung.
„The September When“ war ein voller Erfolg, anders kann man es nicht sagen. Zunächst war es in der Halle noch gähnend leer, so leer wie ich es vor einem Konzert noch nie gesehen habe. Aber als es los ging war es gut gefüllt. Die Musik würde ich auch mal als rockiger Pop bezeichnen, zum Glück keine gekünstelten Balladen oder so ein Schnick-Schnack dabei. Gegen Ende wurde richtig Gas gegeben und das Publikum war richtig aus dem Häuschen. Nach ein paar Zugaben war dann Schluss. Noch ein Absacker-Bier in „Barentz Pub & Spiseri“, dieses Mal ein Svalbard Dark Season, natürlich auch von der lokalen Brauerei. Sehr lecker.
Sa 01.02.2020 Longyearbyen
„Rückkehr nicht ausgeschlossen“
Das Frühstück habe ich heute nicht allzu üppig ausfallen lassen, speziell bei den Flüssigkeiten habe ich mich eher etwas zurück genommen. Auf der späteren „Villmarksafari med elektrisk snøscooter“ („Wilderness safari with electric snowmobile“ gibt es vermutlich keine gute Gelegenheit etwas zu erledigen. Kurz vor 9 Uhr hatte ich mich vor das Hotel gestellt, es standen schon einige andere Leute dort, wie sich dann aber schnell herausstellte wollten die alle zur Hundeschlitten-Tour. Das Abholfahrzeug für mich kam etwas nach 9 Uhr, eine junge Frau stieg aus und begrüßte mich gleich mit Namen. Ja, da gäbe es ein Problem. Die elektrisk snøscooter stehen nicht zur Verfügung, es gibt technische Probleme mit den Akkus. Option a) ich storniere die Fahrt und bekomme mein Geld zurück oder Option b) ich nehme Teil und die Fahrt findet mit einem herkömmlichen Benzinfahrzeug statt, die Differenz wird erstattet. Auch wenn ich ja ausgerechnet nicht diese stinkenden lauten Teile verwendet wollte, habe ich dann doch zugesagt.
Im Abholfahrzeug saßen nur noch weitere 3 Personen, ein norwegisches Paar und ein Eidgenosse, wie sich heraus stellte. Und zwar aus der deutschsprachigen Schweiz. Zunächst wurde die Ausrüstung verteilt, jeder Teilnehmer bekommt Schuhe, eine Balaklava (Balaclava), also eine Sturmhaube, einen Helm und einen warmen Anzug. Da hätte ich mir eigentlich einen Teil meiner eigenen Ausrüstung sparen können. Der Raum in dem wir die Sachen ausgehändigt bekommen haben war sehr warm, schon beim Anprobieren gerät man leicht ins Schwitzen. Dann gab es noch eine kurze Einweisung über das Verhalten in der freien Natur und natürlich wie der Scooter funktioniert. Erstaunlich einfach, man muss nur Gas geben, die Bremse braucht man eher selten, denn sofort wenn man das Gas weg nimmt verlangsamt sich die Fahrt rasch.
Also dann nach draußen und aufsitzen. Amelie, so der Name der jungen „Expeditionsleiterin“, aus Frankreich stammend, fuhr vorneweg. Alexander, der Schweizer hinterher, dann folgte ich und als letztes Fahrzeug schon die Norweger, er fuhr, sie als Sozius. Also eine sehr kleine Gruppe. Wenn man um die Ecke will, was man auf dem Gelände wo die ganzen Scooter stehen, ein paar Mal machen muss, dann benötigt es schon etwas Kraft, aber sonst fuhren wir ja quasi nur geradeaus. Während der Einweisung sagte Amelie noch, dass wir so mit ca. 30 km/h fahren werden, vllt. auch mal 40 km/h. Es dauerte nicht lange da hatten wir auch kurzzeitig um die 50 Sachen drauf.
Wir waren noch nicht lange gefahren, da fielen die Norweger zurück, wir hielten an, aber dann kamen sie zügig nach. Was genau los war hatte ich nicht genau verstanden. Der Norweger war übrigens der Einzige mit Scooter-Erfahrung.
Erster Haltepunkt war der alte Flughafen, es gab ein paar Erläuterungen zu den historischen Fakten zu denen ja im zweiten Weltkrieg die Deutschen unrühmlich beigetragen hatten. Eine andere Begebenheit wusste ich allerdings noch nicht, nämlich dass ein Flugzeug mit russischen Bergbauarbeitern an einem Berg zerschellte und dabei alle umkamen. Das war der Grund dafür die russische Siedlung Pyramiden aufzugeben. Allerdings haben damals auch erstmals nach dem zweiten Weltkrieg die Russen und Norweger zusammen gearbeitet um das Unglück aufzuarbeiten.
Da wir sehr flott unterwegs waren konnten wir weiter fahren als normal üblich. Also wieder aufsitzen und weiter geht es in das Adventdalen hin. Der Name kommt übrigens von Adventure Bay, also Abenteuerbucht, dass die Norweger der leichten Aussprache wegen umbenannt hatten. Wir hielten dann nach einer ganzen Weile wieder an. Neben uns lag ein ungewöhnlicher kleiner Hügel, bestehend aus Geröll und auch aus purem Schnee und Eis. Bei der Frage von Amelie was das wohl sein könnte konnte ich natürlich mit meinem Wissen von der letztjährigen Tour antworten, ein Pingo. Dieses Exemplar hier war deutlich mächtiger, man hätte es so ohne weiteres nicht besteigen können, so steil ging es bergauf. Dann gab es noch das leckere süße und heiße Getränk auf Basis von Solbær zu trinken, lecker.
Mittlerweile war es auch etwas heller geworden, Uhrzeit dürfte so nach 11 Uhr gewesen sein. Aber es war trüb und etwas windig, Temperatur aber noch im einstelligen Minusbereich. Nach dem Aufenthalt ging es dann wieder zurück, die gleiche Strecke. Es dauerte nicht lange da kamen die ersten anderen Scootergruppen entgegen, mit deutlich mehr Fahrzeugen. Ein Hundeschlitten kam uns entgegen, den umfuhren wir etwas weiträumiger. Plötzlich hält der Tross noch mal an, rechterhand ist eine kleine Gruppe von Rentieren. Sie sucht stoisch nach Flechten oder was sie sonst so fressen.
Die Tiere hier auf Svalbard sind kleiner, kompakter, haben kürzere Beine, als die Verwandten auf dem Festland. Die Beine können sie temperaturtechnisch so runterfahren, dass das Blut nur noch knapp 0 Grad hat.
Dann weiter. Es kommen immer mehr Scootergruppen entgegen. Wir hatten also eine gute Nase eine so frühe Tour zu nehmen, was quasi freie Bahn bedeutete. Als wir schon fast wieder am Ziel/Ausgangspunkt angekommen waren, fuhr gerade eine große Gruppe vorbei, die wir passieren lassen mussten, weil es sonst für zwei Reihen zu eng geworden wäre. Die Fahrzeuge fuhren im Schneckentempo vorbei, stotternd, das erste was ich dachte, war genau das, was Alexander zu mir sagte, als wir unsere Fahrzeuge geparkte hatten. „Was hatten wir doch für ein Glück mit so einer kleinen Gruppe unterwegs gewesen zu sein, die so viel schnittiger vorwärts kam.“
Dann wurden wir wieder zu den Unterkünften gebracht. Zeit sich noch in Ruhe umzuziehen und in den Kroa zu laufen. Dort dann ab 13 Uhr „Hot Club de Norvège“. Ich hatte mir keinen Sitzplatz reserviert, bekam aber trotzdem noch ein Plätzchen, wo ich eine Suppe löffeln konnte. Die Musik war dann einfach grandios, mehr oder weniger die einzige Jazzmusik des Festivals. Alexander hatte ich dann dort noch gegen Ende getroffen, er hatte auch noch das Konzert im Gruvelaget gebucht. Ich ging noch mal ins Hotel zurück. – Kurze Auszeit – In der „Barentz Pub & Spiseri“ ein sehr leckeres Essen eingenommen. Dort war ich schon seit ein paar Jahren nicht mehr, ist aber auch nach der kleinen Renovierung immer noch eine nette Location.
Dann noch ein kurzer Schnack mit Tyskland, mit der Person die eigentlich hätte da sein sollen. 😎 Aber ich verstehe schon, so eine Reise ans Ende der Welt ist nicht so einfach, selbst wenn man komplett mit dem Flieger an und abreist ist man eine Woche unterwegs. Das ist nicht family-kompatibel. Aber die Kids werden ja größer und flügge, wer weiß. Svalbard ist auf jeden Fall einer der speziellsten Orte des Planeten, wie ich finde.
Gegen 20 Uhr Aufbruch zum Konzert, dabei keine Eile, die beginnen nie pünktlich. So war es auch, der Zuschauerraum erst spärlich gefüllt. Zuerst spielten „Oslo Ess“. „Helvete“ (Hölle), was ein Getöse. Musikstil geschrammelte Heavy-Metal Musik. Eigentlich jedes Lied irgendwie ähnlich und lauter als das andere. Ich will nicht wirklich sagen, dass es mir nicht gefallen hat, aber 5-6 Lieder hätten mir auch gereicht. Aber das Publikum war absolut und unbedingt aus dem Häuschen. Es folgten so viele Zugaben wie glaube ich noch bei keinem Konzert das ich erlebt habe. Dann die obligatorische Umbaupause. Ich war sehr gespannt auf „Harald Tusberg Jr. & Bugge Wesseltoft med Ronni Le Tekrø“. Hmm, was soll ich sagen, das war irgendwie etwas „creepy“ (gruselich). Der Sänger war ein mehr als schräger Vogel, es fehlten einige Zähne, aber vor allen Dingen schien mir der Typ entweder stoned/bekifft oder er hatte einen in der Krone. Ich beobachtete Bugge zwischendurch immer mal wieder und er schien mir den Eindruck zu machen etwas angesäuert zu sein. Beim Bassisten hatte ich die Befürchtung, dass er jeden Moment einschläft oder sonst wie wegdämmert. Aber es wurde doch von Einigen aus dem Publikum eine Zugabe gefordert die auch gegeben wurde. Und da muss ich sagen, dass war das beste Stück, die „Zahnlücke“ war nicht so involviert und fiel daher nicht so negativ auf.
Der Plan war ja sich noch „AWESOMESAUCE“ im Huset anzuhören, aber mir qualmten die Füße vom vielen Stehen, dann doch lieber zurück und sich noch in der „Barentz Pub & Spiseri“ ein oder vielleicht zwei „Svalbard Bryggeri“ Bierchen zu gönnen, die letzten für diese Saison. Hölle, der eigentliche Trip ist schon wieder vorbei, ab jetzt folgt „nur“ noch die Rückreise. Ja, klar, die wird auch noch spannend. Es soll ein paar Abweichungen vom Inlandsvägen geben, hoffentlich klappt die Fahrt über Glöte dieses Mal.
Es ist jetzt kurz nach ein Uhr, das Publikum im „Barentz Pub & Spiseri“ hat sich schwer gelichtet. Es sitzt nur noch eine kleine Gruppe Dänen da, und ich könnte mir vorstellen, gegen die ziehe ich den Kürzeren. Ich aktualisiere jetzt noch kurz die Homepage und dann ist Schluss.
So 02.02.2020 Longyearbyen – – – Tromsø
„Ja, det var fint på Svalbard (Ja, schön war es, auf Svalbard)“
Ausgiebiges Frühstück, die Auswahl ist sehr umfangreich, es mangelt nichts. Dann noch mal die dicken Klamotten angeworfen und eine kleine Runde gedreht. Es wurde ja in letzter Zeit viel neuer Wohnraum geschaffen. Sonntag früh, es ist noch ziemlich ruhig, außer im nahe gelegenen Dogyard ist ab und zu die Hölle los. Die Zeit rast, schon nach halb elf, Rückmarsch zum Hotel. Wie jetzt den ganzen gekauften fülligen Kram verstauen, die Reisetasche war ja vorher schon gut gefüllt, zumindest die dicken Schuhe muss ich anziehen, das schafft minimal etwas Raum. Gut, dass ich den neuen Rucksack habe, das passt was rein.
Nachdem Auschecken platze ich mich in die Lobby, schaue mir die Bilder von Johannes Anderson auf Flickr an, die Bilder von gestern fehlen noch. Langsam wird es Zeit sich vor die Tür zu begeben, der Bus zum Flughafen trifft bald ein. Komisch, dass er schon vor der Zeit da steht. Früher war es so, dass er die Tour in Nybyen startete und das Radisson die vorletzte Abholstation war. Nun also eine etwas andere Runde. Bis zur Funken Lodge fuhr er gar nicht, geschweige denn bis nach Nybyen.
Am Flughafen Longyear muss man sich jetzt auch selbst einchecken. Meinen Sitz hatte ich gestern schon ausgewählt, es standen fast noch 1/3 der Plätze zur freien Auswahl, sogar ein Fensterplatz an den Flügeln, den habe ich genommen, da hat man deutlich mehr Platz für seine „Hölzer“. Nach und nach füllt sich das Gate, auch einige Musiker sind darunter, ein paar der Jungs von Oslo Ess blödeln herum und hämmern wie wild auf den Negativ-Knopf für die Abstimmung wie einem die Sicherheitskontrolle gefallen hat. Der Sicherheitsbeamte der mich „verarztet“ hatte machte noch eine Kontrolle von meinem Portemonnaie und auch von meinem Rucksack, er hat zwar gesagt was er da macht, aber verstanden habe ich es nicht. Da ich schon wieder dabei war mein ganzes Gelump einzupacken habe ich auch nicht so genau beobachtet was er da letztlich gemacht hat, außer dass er mit einer Art Teststreifen hantierte. Egal, es war wohl alles in Ordnung.
Irgendwann sah man dann auch einen Flieger landen, prima, denn der würde wieder nach Tromsø zurück fliegen. Keine Ahnung wann wir genau gestartet sind, aber auf jeden Fall zu spät.
Der Start erfolgte in entgegengesetzter Richtung als bei der Ankunft, wird sicherlich seine Richtigkeit gehabt haben. So war es natürlich Essig bei Start noch mal einen Blick auf Longyearbyen werfen zu können. Aber sobald man die Wolkendecke durchbrochen hatte bot sich ein dramatischer Blick auf den Sonnenuntergang an. Besser gesagt, die Sonne war schon untergegangen und nun sah man den blutroten Horizont, grandios. Wieso habe ich Dussel nur die Kamera im Gepäckfach liegen? Nun, manche Dinge muss man eben auf der Festplatte im Hirn speichern.
Was ziehen wir für ein Fazit vom diesjährigen PolarJazz Festival? Kein Spitzenjahr, aber es gab auch keinen absoluten Ausreißer nach unten, wie letztes Jahr. Top-Favorit war eindeutig „Hot Club de Norvège“ (10/10). Direkt dahinter das „Vorspiel“ (9/10). Dann Bugge solo und „The September When“ je (8/10), gefolgt von „Harald Tusberg Jr. & Bugge Wesseltoft med Ronni Le Tekrø“ (7/10) und an letzter Stelle „Oslo Ess“ (6/10), das war mir einfach zu heftig und zu lange.
Ich könnte mir vorstellen, dass Lars Bremnes und Maria Haukaas Mittet auch ganz gut werden, aber noch ein Tag länger bleiben war keine Option, denn Montags finden keine Flüge nach Tromsø statt, hätte also bedeutet noch zwei Tage länger zu bleiben.
Ah, gerade setzt der Sinkflug ein. Der Himmel im Osten ist immer noch blutrot, ich fliege ja quasi wieder dem Licht entgegen, morgen gibt es die Chance die Sonne zu sehen. Die Prognose für Sverige sagt sogar wolkenlosen Himmel voraus. Die Temperaturen fallen zweistellig unter Null, allerdings weit vom letztjährigen Rekord entfernt. Aus bestimmten Gründen ist mir das auch gar nicht so unrecht.
Der Pilot gibt kurz durch wie das Wetter in Tromsø so ist. Es schneit bei ca. -1 °C. Kaum bin ich durch den Zoll durch kommt auch schon die Tasche, gleich weiter zum Bus. An der Haltestelle steht ein Fahrkartenautomat, war letztes Jahr auch noch nicht so. Der Apparat war noch von einer Kundin belegt, als er frei wurde schnell das 24h-Ticket erworben, der Bus könnte ja jederzeit um die Ecke biegen. Kaum war das Ticket ausgespuckt stand auch schon der richtige Bus da, schnell rein gewitcht, prima. An der Haltestelle Giæverbukta musste ich aber trotzdem etwas auf den nächsten Bus warten, allerdings gerne draußen, da war es gerade frisch genug, dass man nicht ins Schwitzen kam.
Auf der kurzen Fahrt zum Hotel fing es richtig mächtig an zu schneien, noch nicht pappig, aber von schön pulvrig weit entfernt. Kurz die Dinge geordnet und gleich den nächsten Bus in die Stadt genommen. Gleich zielstrebig in das Restaurant welches ich neben der Kirche ausgemacht hatte. Zunächst hatte ich gar keinen offenen Zugang gefunden, weil wohl sonntags die ganzen Eingänge in das Bürogebäude geschlossen sind. Der offizielle Eingang liegt auf der Seite wo die Kirche steht. Das sieht sehr einladend drinnen aus. Ich entscheide mich für einen chilenischen „Santa Carolina Cabernet“, ein sehr leckeres Stöffchen, mit 98 NOK (9,60 €) durchaus angemessen. Als Hauptgang wähle ich einen „Grillet Tørrfisk med erter, poteter …“, also gegrillter Stockfish mit Erbsen, Kartoffel… Ein Gedicht und jede Øre wert, Lichtjahre von dem kümmerlichen Burger im Blårock Cafe entfernt. Übrigens das Restaurant heißt „Walter &Leonard“, und wie ich auf deren Facebookseite lese wurde es erst am 06.12.2019 eröffnet.
Dann noch weiter ins „Solid“. Es scheint leicht wärmer geworden zu sein, der Schnee auf der Straße ist zu Matsch geworden, die Bürgersteige sind eh schneefrei, die sind ja beheizt, das ist kein Witz!
Habe gerade mal geschaut, wie so die Straßenverhältnisse für die morgige Fahrt so aussehen. Auf Statens Vegvesen ist zu lesen „Ev 8 Gabaganbákti, på strekningen Skibotn - Galggojavri (Riksgrensen), Redusert framkommelighet på grunn av stanset kjøretøy. Personbiler kan passere. GJELDER FRA: 01 feb 2020 kl. 13:52. GJELDER TIL: Inntil videre. Oppdatert: 02.02.2020 kl. 21:07“ („Eingeschränkte Zugänglichkeit durch liegengebliebene Fahrzeuge. PKW können passieren.“) Unter den Meldungen für Kolonnekjøring ist die [Ev8] nicht aufgeführt. Aber es gibt auch noch diese Meldung „Skibotn - Galggojavri (Riksgrensen), Troms og Finnmark, Snø- og isdekke, stort sett bart i spor. Klokken 18:00 var det -12 grader, sørlig svak vind og oppholdsvær. Gjelder fra: 02.02.20 kl. 18:00 Gjelder til: Inntil videre“ („Schnee- und Eisbedeckung, meist mit großen Spurrillen. Um 18:00 war es -12 Grad, südliche leichte Brise und niederschlagsfreies Wetter“). Ich bin mir nicht mehr sicher wie hoch es auf der Strecke geht, irgendwas um die 800 Höhenmeter, aber auf einer vergleichsweise langen Strecke. Allerdings bin ich die Strecke bisher nur bergab gefahren, aber richtig steile Abschnitte sind mir nicht in Erinnerung. Naja wird schon schief gehen.
Mo 03.02.2020 Tromsø – Vuollerim
„Wow, was für ein Tag“
Die ganze Nacht hat es immer wieder heftig geschneit, der Parkplatz vorm Hotel wäre so kaum noch - zumindest für meine Reisschüssel - befahrbar gewesen. Nun war die bange Frage, kommt morgen früh ein Räumfahrzeug um die ganze weiße Pracht Weg zu räumen. Kurzer Blick nach Mitternacht nach draußen, au Backe, das nimmt ja gar kein Ende. Um kurz nach 6 Uhr erschallt das schönste Geräusch überhaupt, der Schneepflug zieht seine Kreise, hin und her und her und hin. Das Hauptproblem ist schon mal gelöst. An Schlaf ist jetzt nicht mehr zu denken, also raus aus den Federn. Schon etwas gelöster das Frühstück eingenommen. Jetzt noch die letzte Aufgabe lösen, erstens die Karre von der neuen Schneehaube befreien, sie dann zweitens aus all dem Schnee frei schaufeln. Links und rechts lag mittlerweile so viel Schnee, das ich die Türen hätte kaum noch öffnen können. Und hier kommt nun ein völlig neues Werkzeug ins Spiel, nämlich ein Klappspaten, vielleicht nicht das beste Gerät, um leichten Schnee weg zu schaufeln, aber doch erstaunlich effizient. Und die Morgengymnastik war auch gleich erledigt, der Kreislauf in Schwung, perfekt. Der Schneefall hatte auch ganz unvermittelt aufgehört.
Start des Motors, Rückwärtsgang, <wusch> aus der Parklücke raus ohne einen Hänger, der Tag war gerettet. Kurzer Stopp bei „Eurospar“, noch ein paar Kronen unters Volk bringen, dann endlich Abfahrt.
An einigen Stellen hat sich der Himmel schon aufgeklart, Temperatur knapp unter dem Gefrierpunkt. Kaum hat man Tromsø verlassen, wird es auch schon ruhiger auf der Straße. Das Navi will mich unbedingt auf einer anderen Route nach Sverige führen, die ist deutlich weiter, aber viel schlimmer, führt über ein Fjell welches mit Sicherheit gesperrt ist. Ich fahre die Strecke über Suomi, basta.
Noch von norwegischem Boden aus sieht man ein Stück hellen Himmel in Richtung Suomi. Die Straße die sich dann von Meereshöhe nach oben schraubt ist sehr gut befahrbar, im unteren Teil breit und in langen Geraden leicht schwingend. Das Wetter wird immer besser, blauer Himmel ist zu sehen, die Landschaft fantastisch. Spätestens an der Grenze zu Suomi ist das Wetter grandios rundum, man kann sich gar nicht satt sehen.
Weiter bis Kilpisjärvi, wie eine Oase in der Wüste taucht der Flecken auf, von einem Ort in dem Sinn zu sprechen wäre zu viel gesagt. Erst tanken und dann die kurze Überlegung hier auch gleich was zu essen, nach finnischer Zeit war es ja bereits 12 Uhr. Also, auch was essen, einen Burger mit Pommes, sehr lecker und mit 12 Euro irgendwas völlig ok. Dann noch mal kurz in den Lebensmittelladen nebenan geschlendert.
Weiter geht es, bei weiterhin besten Bedingungen. So viele Videos wie heute habe ich glaube selten gedreht. Irgendwann war auch das Hotel erreicht. Es folgte eine sehr nette Begrüßung und Einweisung. Wichtig für den Moment war mir nur, dass es auch noch etwas zu essen gibt, ja das tut es, ich konnte wählen zwischen Rentier und Lachs, ich entschied mich für den Fisch. Dann erstmal auspacken und aus den warmen Hosen und den dicken Winterstiefeln raus. Dann gab es einen wunderbar zubereiteten Lachs mit einem Gratin, dazu ein Beilagensalat. Als „Öl“ (Bier) hatte ich ein „Mariestad Dunkel“ gewählt, sehr süffig. Aber bevor man sich hier nun gemütlich fest setzt, raus aus der Bude und etwas durch den Ort schlendern, Temperatur müsste so bei -13 °C gelegen haben, was für ein Genuss, alleine das Knirschen des Schnees dazu ist wie Musik in den Ohren.
Zurück im Hotel „en Øl til“ würde man jetzt auf Norwegisch sagen, also noch ein Bierchen bitte. Zeit endlich mal etwas zu schreiben, wenn ich auch nicht so weit komme den Tag abzuschließen. Da es an den Fenstersitzplätzen im Restaurant zog wie Hechtsuppe habe ich mich dann auf das Zimmer zurückgezogen.
Der nächste Tag kann ruhig angegangen werden, es gibt erst ab 8 Uhr Frühstück, sicherlich hätte ich es auch eine halbe Stunde früher haben können, aber so eilig habe ich es nun auch nicht. Wie wohl morgen früh die Temperaturen so aussehen werden? Die Prognose lag bei irgendetwas unter -20 °C.
Di 04.02.2020 Vuollerim – Östersund
„Ziemlich frisch um die Ohren“
Es gab ein ausgesprochen reichhaltiges Frühstück, es war alles da was das Herz begehrte. Dann Packen und alles ins Auto verfrachten. Ja, draußen ist es schon frisch, aber ich denke mir nichts weiter. Dann Verabschiedung an der Rezeption, sie sagt, bis vielleicht bald mal wieder, evtl. im Sommer. Ich sage, wiederkommen sehr gerne, aber bestimmt nicht im Sommer, meine Zeit ist der Winter, kalt, dunkel, Schnee. Sommer kann ich auch zu Hause haben. 😎
Beiläufig sagt sie, es sei recht frisch draußen und schaut auf das Außenthermometer. -22 °C, das könnten auch -24 °C sein, meint sie. <Schluck>, ach du grüne Neune. Ich setze mich auf jeden Fall mit Jacke, Handschuhen, dicker neuer Mütze und Schal ins Auto. Powerknopf, das Schüsselchen springt an, allerdings nicht ganz so verröchelt wie letztes Jahr in Lappeasuando. Auch Kupplung und Gangschaltung sind etwas flüssiger zu bedienen. Aber ich gehe es doch sehr langsam an. Am Ortsausgang erst noch Mal rechts ran fahren und den Motor etwas warm laufen lassen. Dann maximal 60 km/h, Schongang, ganz sachte schalten. Am Polarkreis kurz vor Jokkmokk anhalten, die Karre läuft weiter, eigentlich etwas das mir völlig gegen den Strich geht, aber sicher ist sicher.
Steigerung der Geschwindigkeit auf 70 km/h, dann auf 80 km/h, aus der Lüftung kommt schon langsam angewärmte Luft, nicht, dass sie die Kühltruhe schon nennenswert heizen würde, aber immerhin. Ich glaube der kritische Punkt ist überschritten. Blick auf das Außenthermometer, es sinkt, -25 °C, weiter fallend, tiefster Punkt war heute kurz bevor die Anzeige eh nur noch auf „tilt“ stellt, nämlich -29 °C.
Das Wetter, genial, blauer Himmel, dramatischer Sonnenaufgang in der absoluten Langfassung, sozusagen im „Director's Cut“. Wenn es einen Nachteil hat, dann, dass es natürlich nicht angenehm ist stundenlang in die tief stehende Sonne zu blicken, natürlich nicht pausenlos, die Straße verläuft ja nicht kerzengerade von Norden nach Süden.
Man „muss“ wirklich gefühlt alle paar Meter anhalten, um alles festzuhalten, Schnee ohne Ende, strahlend blauer Himmel und richtig gut kalt, ein absoluter Top-Tag.
Bei der Ankunft in Östersund ist es schon längst dunkel und ich lasse mich doch lieber vom Navi lotsen, denn es hat gerade um das Hotel einige Einbahnstraßen, da würde ich mich sonst schnell verheddern. Gut 10 Minuten vor 18 Uhr halte ich vor dem Hotel, denn parken darf man da nicht. Die Tür zum Hotel ist verschlossen, da fällt mir ein, ja die haben die Rezeption nicht allzu lange besetzt. Es hängt ein Blatt Papier an der Scheibe, das die Rezeption bis 18 Uhr geöffnet ist, also noch gut 5 Minuten. <argh>
Also rufe ich die dort angegebene Nummer an, in dem Moment kommt ein junger Mann von innen und öffnet die Tür. Ich dachte das wäre evtl. der Rezeptionist und lege sofort wieder auf. Er geht vor die Tür, ich frage kurz nach, nein er ist nicht vom Hotel. Also wieder die Nummer angerufen, ich sage ich stehe vorm Hotel, sie sagt, sie hätte mir eine Nachricht (Email) geschickt, ich sage, ich habe seit heute früh keine Mails mehr gecheckt, sie sagt „I'll send you a message“ (zumindest habe ich das so verstanden), es könnte natürlich auch gelautet haben „I sent you a message“, zwei völlig verschiedene Bedeutungen. Ich sage, dass ich gerade keine Verbindung ins Internet habe, dann plärrt sie mich regelrecht an „I'll send you an SMS“ und dazu bräuchte ich ja wohl kein Internet. Ich kürze es hier ab, es war ein Stück wie von Loriot persönlich ausgedacht, zwei Leute am Telefon die beide eine Fremdsprache sprechen und dabei völlig asynchron laufen. Ende vom Lied, ich erhielt innert ein paar Sekunden eine ellenlange SMS mit einer detaillierten Anleitung mit welchem Code ich die Haustüre öffnen soll (diese Aufgabe war ja bereits gelöst), nun galt es einen 6-stelligen Code an einem kleinen Tresor einzugeben der den Zugang zum Zimmerschlüssel gewährt. Ganz ehrlich, während der Aktion war ich echt super angefressen, so nach dem Motto wie kommt die mir denn vor mich so von der Seite anzumachen. Zumal ich recht genau wusste wer das war, nämlich die Frau mit einem leicht asiatischen Akzent wo ich schon öfter persönlich eingecheckt hatte und die ich als sehr freundlich in Erinnerung hatte.
Sei es drum, alle Schlösser haben sich geöffnet und der „Rauch“ löste sich später langsam auf.
Nach der langen Autofahrt wollte ich erst mal die Hufen schwingen und habe eine Runde am See gedreht, dieses Mal ab der anderen Seeuferseite in umgekehrter Reihenfolge. Kaum war ich dann an der Seeseite angekommen, hatte das Stativ ausgefahren, den Fotoapparat montiert fing es heftig an zu schneien, ja zefix, also schnell ein paar Bilder geschossen und wieder alles eingepackt. Ich laufe keine 5 Minuten, hört es wieder auf zu schneien. Nee, jetzt packe ich den Krempel nicht noch mal aus.
Zurück zum Hotel und ein paar Klamotten ablegen, ich war etwas zu warm eingepackt. Dann los zur „Jazzköket“, die Gelegenheit wollte ich nun doch mal nutzen, wenn sie geöffnet hat, auch mal rein zu gehen.
Ja, schöne Location. Bestellt habe ich Fisch von der Tageskarte, der kam auch fix. Die Portion und die Beilage (Kartoffel) war nicht übermäßig groß, aber trotzdem reichlich, leider nur nicht ganz so heiß wie es hätte sein sollen. Dazu zwei leckere Bierchen. Mit einem Trinkgeld war ich gut 500 SEK quit, ca. 47 €. Aber viel günstiger wäre ich im „Tre Rum“ (oder sonst wo) auch nicht davon gekommen.
Gegen Mitternacht noch mal Mails gecheckt, ein Beitrag von S. im Forum. Mit vielen Anmerkungen, freut mich, wenn jemand aufmerksam mitliest. Antworten kommen garantiert.
Mi 05.02.2020 Östersund – Sunne
„Höhenrausch“
Das Frühstück im Hotel ist erfahrungsgemäß recht einfach, aber trotzdem kommt man auf seine Kosten. Im Frühstücksfernsehen taucht Hasenhirn Trump auf, der Ton war so leise, dass ich das originale Englisch nicht verstanden habe und mit den schwedischen Untertiteln konnte ich so schnell auch nix anfangen. Auf jeden Fall hat er wieder schwadroniert was alles besser geworden sei (erfahrungsgemäß alles mehr oder weniger Lügen), seit dem er am Ruder ist, Nancy Pelosi, die direkt hinter ihm saß, verdrehte sichtlich die Augen, Mike Pence nickte ganz staatsmännisch. Dann wurde eine Szene gezeigt in der Trump Pelosi eine Dokumentenmappe übergab, die Szene wurde dann aus einer anderen Kameraperspektive wiederholt und es war zu sehen wie Pelosi während dieser Szene Trump die Hand reichte, und Trump, ganz der „Galan“ wie man ihn kennt, schlug die Hand aus. Wieder die andere Kameraperspektive, Pelosi schüttelt den Kopf. Der Trump, nicht nur eine Schande für die USA sondern für den ganzen Planeten. (Anmerkung 09.02.2020: Die Szene habe ich auch im deutschen Fernsehen gesehen, Pelosi hat daraufhin das Schriftstück von Trump zerrissen, gut so!)
Es folgte dann das Wetter. Um 4 Uhr heute Morgen in Jokkmokk nur noch -10 °C, was für ein Anstieg gegenüber gerademal einen Tag vorher. Für den restlichen Süden von Sverige und Norge waren überwiegend Plusgrade vorhergesagt.
Abfahrt in Östersund bei 0 °C, irgendwann nach 8 Uhr. Noch leichter Berufsverkehr, aber kaum hat man die Stadt verlassen ist man schon wieder ziemlich alleine. Das Wetter eher trüb, im Prinzip habe ich mich schon damit abgefunden, dass der Urlaub wetter- und erlebnismäßig abgeschlossen ist. Aber man darf die Flinte nicht zu früh ins Fenster, äh Korn, werfen.
Zunächst geht es auf dem Inlandsvägen in Richtung Süden. In Sveg dann wieder 98er Edelsaft für die Schüssel und ein Baguette und Kaffee für den Fahrer. Ab Sveg beginnt dann die Abenteuerreise, zunächst unterscheidet sich die Straße nicht wesentlich vom Inlandsvägen. Sie steigt lediglich stetig an und ist vllt. eine Idee schmäler. Der Ort Glöte ist schneller erreicht als gedacht, aber von einem Wintersportort ist da wenig zu sehen.
Da das Navi natürlich völlig von der Rolle ist, halte ich mich strickt an meine notierte Strecke, das klappt sehr gut. Ahh, nach Glöte geht es dann zum Wintersportort, den ich für meine Tour in 2019 ja schon als Abwechslungsroute ausgedacht hatte. Aber auch hier ist alles total ausgestorben.
Weiter geht es und plötzlich wird die Straße schmäler, kurviger und steigt zügig und stetig an. Ja, das ist es wonach ich gesucht habe. Das Strässchen windet sich immer weiter nach oben, 600 m ü. d. M. und es geht weiter, 700 m ü. d. M. Irgendwann scheint der höchste Punkt erreicht, das Navi zeigt ca. 800 m ü. d. M. an, aber sehr zuverlässig schien es mir nicht. Es geht doch noch ein wenig nach oben, am Wegesrand steht ein kleines Schild, es schaut wirklich nur noch das eigentliche Schildchen heraus, die Stange ist völlig im Schnee versunken. Und auch nur von einer Seite aus kann man die Zahl lesen, es sind 845m ü. d. M. Sapperlot, so hoch war ich in Sverige glaube ich noch nicht. Die Straße ist zwar sehr schmal, aber lässt sich fahren wie Butter, eine schöne feste geschlossene Schneedecke und das Schüsselchen fährt wie auf Schienen.
So geht es dann noch viele Kilometer weiter. Verkehr? Quasi nicht vorhanden. Aber nach einiger Zeit wird die Straße doch zunehmend schwieriger zu fahren, keine schöne geschlossene Schneedecke mehr sondern nur noch so ein Stückwerk aus Schnee und vor allen Dingen tückische Spurrinnen. Aber völlig egal, das war es wert.
In Malung stoße ich wieder auf den Inlandsvägen. Die Temperatur schwankte heute deutlich weniger als gestern, tiefste Temperatur war -8 °C und höchste in Frykenstrand +2 °C. Dort hat es quasi keinen Schnee mehr und der See scheint mir komplett eisfrei.
Nach dem Checkin im Hotel gleich in den Restaurantteil. Das Shrimpsbrot, wie letztes Jahr auch, steht ruckzuck auf dem Tisch. Es ist wieder genauso reichhaltig und lecker. Bei einem weiteren Bierchen schreibe ich nun endlich den Bericht von gestern zu Ende und den von heute komplett. Es fällt dabei schon schwer sich an all die Details von gestern im einzeln zu erinnern. Morgen die Route dürfte wenig aufreibend verlaufen, kein Schnee mehr und weiter steigende Temperaturen sind nicht sehr verheißungsvoll. Aber auch der schönste Urlaub geht mal zu Ende. Und es steht ja genug Material zur Verfügung, um sich nach der Heimkehr damit noch wochenlang zu beschäftigen.
Eine vorläufige Erkenntnis ist schon mal, in Zukunft muss ich mehr Sorge walten lassen, was die Streckenführung angeht. Abschnitte von gut 800 km, zumal im kurvigen Norge, sind deutlich zu lange, zumal wenn sie auch noch über so diffizile Abschnitte wie das Saltfjellet führen.
Do 06.02.2020 Sunne – Malmö
„Mit ohne Schnee“
Beim Frühstück konnte man komplett auf den See schauen, da war kein Fetzen Eis zu sehen. Das Frühstücksbuffet lässt keine Wünsche offen. Es war viel los, auch gestern Abend war einiger Betrieb im Restaurant, letztes Jahr war ich zumindest abends fast alleine.
Von der Fahrt habe ich mir absolut nichts mehr versprochen, ganz ohne Schnee, bei der Abfahrt auch eher trüb am Himmel, da mussten jetzt nur noch die Kilometer bis Malmö runter gerissen werden. Einen Spaß kann man sich natürlich daraus machen und versuchen zu „schnibbeln“, also nicht stur dem Navi hinterher zu fahren.
Erster Versuch war schon kurz nach dem Start, einfach vom Inlandsvägen runter und durch ein kleines Dorf gekurvt, um möglichst nahe an einen See zu kommen, denn auf der gegenüberliegenden Seeseite ging gerade die Sonne durch eine Wolkenlücke auf. Es taucht ein Schild auf, dass es da zum Bahnhof geht und man sieht sogar Leute am Bahnsteig warten. Etwas weiter gehen die Bahnschranken runter und dann braust der Zug in Richtung Süden vorbei.
Ich quere den Bahnübergang und stelle die Schüssel ab und laufe ein paar Meter in Richtung Seeufer. Ja, es ist jetzt nicht der Top-Sonnenaufgang, aber wenn man sich umschaut stehen auch noch ein paar nette Häuschen herum. Kaum sitze ich wieder im Auto und rolle in Richtung Bahnübergang fängt schon wieder das Blinklicht an und die Schranken schließen sich, es naht der Zug aus Richtung Süden. Schau mal an, hier mit nur „drei Häusern und sieben Spitzbuben“ fahren regelmäßig Züge.
Die Entscheidung östlich um den Vänern zu fahren war unbewusst gefallen, ich hatte es nicht ganz geschafft die Autobahn um Karlstad zu meiden. Hölle, da waren plötzlich 110 km/h erlaubt, da ist man ja völlig überfordert. Aber es geht schnell wieder runter auf den Inlandsvägen als normale Landstraße. Ein paar „Schnibbeleien“ sind gut gelaufen, die eine oder andere führten wirklich mehr oder weniger über Feldwege, verdreckt bis zum Gehtnichtmehr, aber was soll's, die Schüssel ist eh verdreckt, da macht das bisschen Schlamm auch nix mehr.
Kurzer Stopp am Göta-Kanal, der liegt mehr oder wenig im Winterschlaf, bei genauerem Hinsehen sah man aber geschäftiges Treiben, es wurde gewerkelt und gebaut. Im Sommer tobt hier sicher der Bär.
Der Inlandsvägen nähert sich dann bald seinem Ende, wird dreispurig. Und die Hektik nimmt zu, man selbst fährt vorschriftsmäßig, was auch immer gerade erlaubt ist, und doch sitzt einem ein hektischer Schwede im Kofferraum und überholt dann aufgeregt, um dann vllt. mit Glück zwei Fahrzeuge gesprungen zu sein. Ist man dann endlich auf der Autobahn [E6] angelangt ist die Gemütlichkeit dann endgültig vorbei. Fährt man mit Tempomat 104 km/h und es sind 110 km/h erlaubt hat man ruckzuck einen blinkenden Schweden im Kreuz. Das gibt schon mal einen Vorgeschmack auf morgen.
Das Picolo Mondo hat ausgerechnet heute geschlossen, was für ein Pech aber auch. Das „Victors“ ist total leer, also gehe ich ins „La Grappa“. Dort sitzen auch nur sehr wenige Leute. Ich bestelle nur eine Kleinigkeit und ein „Imperial Stout - Nils Oscar“; Crafted in Sweden, 7.0 Vol %“. Wow, das schmeckt super lecker und haut auch entsprechend der „Stromstärke“ ganz schön rein. So 0,33 l zischen doch schnell weg, also komm, eins geht noch.
Fr 07.02.2020 Malmö – Öresundbrücke – Rødbyhavn – – Puttgarden – Hahnstätten
„Stau – Hektik“
Das Frühstücksbuffet im Hotel ist immer wieder bemerkenswert, sehr reichhaltig und super lecker. Und das auch noch zu einem unschlagbaren Preis von ca. 53 €, da habe ich z. B. in Vuollerim mehr als doppelt so viel bezahlt. Ist mir absolut ein Rätsel wie die hier in Malmö so einen Preis bieten können. Dazu kommt, dass man sein Auto über Nacht an einigen ausgewiesenen Stellen – für umme – parken kann, dort habe ich bisher immer einen Platz gefunden. Bei den zentrumsnäheren Hotels dürfte man sicherlich eine saftige Parkhausgebühr hinzufügen können.
In Rødbyhavn habe ich dann auch noch zwei kleine Paletten mit Karrysild ergattert. Im Prinzip fährt man kurz bevor man auf das Gelände des Hafens kommt rechts ab ins Dorf, an der nächsten Möglichkeit rechts abbiegen und der Hauptstraße folgen bis links eine Straße [275] abbiegt, an dieser Ecke hat es einen Supermarkt, Parkplätze hat es genügend. Früher war ich sonst immer in Rødby in einem Laden, aber da war glaube ich die Parkplatz-Situation etwas kniffliger, weil der Supermarkt direkt im Dorf liegt. Die Überfahrt war entspannt.
Weiter im Schongang auf deutschen Straßen. Kurz vor Hamburg: Stau. Es bot sich die Gelegenheit von der Autobahn abzufahren. Dann folgte eine großzügige Umfahrung, was mich das an Zeit gekostet hat, keine Ahnung. Dann bin ich auf der [A7] zurück gefahren, warum eigentlich, die wollte ich doch meiden. Da hat es elend lange Baustellen. Es ist also hinter die Ohren zu schreiben: In den nächsten Jahren auf keinen Fall die [A7] nutzen.
Die Erlebnisse als Hörbuch